ZUM TOD VON PIERO CAPPUCCILLI

Gerard, Posa, Carlos di Vargas, Amonasro, Tonio, Macbeth, Simon Boccanegra, Luna, Rigoletto, Nabucco, Renato... Dies sind die ersten Gedanken, die uns bei dem Namen Piero Cappuccilli in den Sinn kommen.

In den vergangenen Tagen hat man aus traurigem Anlaß wieder viel über Piero Cappuccilli lesen können. Es wurde nicht mit Superlativen gespart, doch man las wenig darüber, weshalb viele Opernfans ihn so sehr liebten.

Nicht viele Sänger werden selbst mehr als ein Jahrzehnt nach dem Ende ihrer aktiven Karriere noch so intensiv mit ihren Rollen in Verbindung gebracht. Und von wenigen Sängern gibt es so viele Aufnahmen, die unter „muß man haben“ fallen. Mehrere Generationen von Opernfans hat anhand von Piero Cappuccillis Auftritten und Aufnahmen eine Vorstellung davon entwickelt, wie ein Verdi-Bariton zu klingen hat. Bei ihm schien man nie das Gefühl zu haben, daß Singen Anstrengung bedeutet, seine Fähigkeit nicht enden wollende Phrasen auf einem Atem zu singen, ist ebenso legendär geworden wie seine Höhensicherheit, auf die mancher Tenor neidisch sein konnte.

Piero Cappuccilli wurde am 9. November 1929 in Triest geboren. 1957 debütierte er am Teatro Nuovo von Mailand als Tonio. Nach Preise bei Gesangswettbewerben begann rasch eine Karriere an den großen Opernhäusern Italiens. Schon 1964 war er erstmalig an der Scala als Enrico in „Lucia di Lammermoor“ zu hören sowie im gleichen Jahr als Don Carlos in Verdis „La forza del destino“ hatte. Seither ist er immer wieder dort aufgetreten.

Schnell folgten auch die internationalen großen Häuser: Covent Garden Oper London (1967 Papa Germont, 1974 Jago, 1975 Renato), Chicago („I due Foscari“), Paris (1978 „Simon Boccanegra“), Bolshoi Theater Moskau. In Wien war er von 1966 bis 1992 immer wieder in zahlreichen Partien zu Gast, ebenso in Deutschland, Holland, Frankreich, Spanien. Zu Beginn der Karriere waren es eher die lyrischeren Verdi-Partien und Ausflüge zu Donizetti oder Bellini, später wurden die dramatischen Verdi-Väter die Domäne des Sängers.

Für große Dirigenten war Cappuccilli schlichtweg der Bariton. Von 1975 bis 78 war er bei den Salzburger Festspielen unter Karajan der Posa, 1979 und 1980 Amonasro und 1984/85 Macbeth. Ebenso war er an der Scala 1976 Abbados Simon Boccanegra und 1977 dessen Posa.

Cappuccillis Bühnenrepertoire umfaßte über fünfzig große Partien, in unglaublichen sechzehn Verdi-Opern hat er die Baritonpartie verkörpert.

1992 erlitt Piero Cappuccilli einen schweren Autounfall, aufgrund dessen er seine Bühnenkarriere beenden mußte.

Die ausgedehnte Plattenkarriere des Sängers begann bereits 1959 in „Lucia di Lammermoor“ mit Maria Callas zusammen und setzte sich bis zum Ende der Karriere fort. Kein Bariton seiner Generation dürfte mit seinem Repertoire so umfangreich und umfassend dokumentiert worden sein wie er. Alle wichtigen Rollen sind zum Teil sogar mehrfach eingespielt worden und stellen sogar vielfach sogenannte Referenzaufnahmen der Werke dar. Es seien hier nur stellvertretend der „Macbeth“ und der „Simon Boccanegra“ unter Claudio Abbado genannt. Ebenso existieren diverse Livemitschnitte, auf denen man nachvollziehen kann, was diese Stimme ausmacht.

Am 12. Juli 2005 ist Piero Cappuccilli in Triest im Alter von 75 Jahr verstorben. AHS & MK