"NOS" - 30. November 2002

Das Orchester kann einem schon Leid tun. Nicht nur sitzt es mitten auf der Bühne und wird ständig von den Akteuren behelligt, nein es muß zudem goldgelb farbene Overalls und Badekappen tragen. Und dies sind nur einige der vielen kleinen Ideen, die dem für Bühnenbild und Kostüme verantwortlichen Künstler Jörg IMMENDORFF zu dieser Oper eingefallen sind.

"Die Nase" ist Schostakowitschs erste Oper und 1930 uraufgeführt worden. In der auf einer Novelle von Nikolai Gogol beruhenden Geschichte verliert ein Kollegienassessor eines Morgens seine Nase, die sich erst nach Verwicklungen und Absurditäten wieder anfindet. Bei allem Jux und der überbordenden Vitalität der Musik des jungen Komponisten, steht doch immer auch ein sehr dunkler Kern, Spießbürgerlichkeit, Überheblichkeit und etwas kafkaesk Ungreifbares im Raum. Nicht so bei Regisseur Peter MUSSBACH und seinem Ausstatter. Hier sieht der Assessor bereits aus wie ein David Bowie der achtziger Jahre mit blondem Popper-Haarschnitt, der durch eine oberflächliche Medienwelt turnt, in der ab und zu Faschingsfiguren herumlaufen, bis er gegen Ende beim Doktor seinem Spiegelbild gegenüber steht.

Dazwischen geben sich bunte Bilder die Klinke in die Hand, viel Farbe strömt auf den Zuschauer ein, der bei all den optischen Eindrücken Schwierigkeiten bekommt, das geistreiche Libretto in den Übertiteln zu verfolgen. Hier ist alles unernst, nichts zweideutig. Mussbach muß Immendorff dabei völlig freie Hand gelassen haben, und der hat sich denn auch nicht entblödet, seinen Clinch mit der Presse ob seines verrissenen Logos für Mortiers Ruhrtriennale in Textform auf die Bühne zu blenden.

Der einzig ruhende Pol ist der nicht verkleidete Kent NAGANO, der Schostakowitschs Musik in all ihrer Heterogenität zum Leuchten bringt. Die Sänger, allen voran Sten BRYIEL als Assessor, aber auch Hanno MÜLLER-BRACHMANN als Barbier, Stephan RÜGAMER als der Diener Iwan und Alexander VINOGRADOV als Doktor stehen für die Qualität der Oper.

Ein ausverkauftes Haus dagegen für einen weiteren Sieg der Eventkultur. Kerstin Schröder