"RIGOLETTO" - 1. Dezember 2013

Die Deutsche Oper Berlin gehört (außen- wie innen-) architektonisch definitiv nicht zu meinen Lieblingsopernhäusern, und so hält sich meine Begeisterung für die dort aktuelle "Rigoletto"-Produktion in Grenzen.

Bühnenbilder Stéphane LAIMÉ hat einen Ausschnitt des Zuschauerraums (Parkett und ein Rang) mit der typisch braunen Furnierholzverkleidung und den senfgelben Sitzen auf die Bühne gebracht. So froh ich immer bin, wenn dieser Saal in das Dunkel der Aufführung getaucht wird, so wenig mag ich Teile davon auf der Bühne sehen.

Rigolettos Haus befindet sich unter dem Bühnenparkett und wird für die entsprechende Szene hochgefahren, doch der senfgelb-braune Anblick kehrt leider zurück. Ab der zweiten Hälfte des dritten Aktes wird man davon aber schließlich befreit, und auf der beinahe leeren Bühne beginnt endlich das eigentliche Stück. Regisseur Jan BOSSE äußert im Programmheft-Interview durchaus den einen oder anderen interessanten Gedanken zum Stück. Schade nur, daß man davon auf der Bühne so wenig davon wiederfand.

Das Warum nach der Spiegelung des Saals und des darin befindlichen Publikums blieb ebenso offen wie der Sinn des überdimensionalen Hasenkostüms aus goldglitzerndem Lametta, das Rigoletto bei seinem ersten Auftritt trägt. Hier lehnt man sich aber zumindest zurück und überlegt, welchen Bariton man vielleicht noch darin sehen möchte (es wäre ja universell einsetzbar). Singen ist in dem Ganzkörperflitter allerdings eher schwierig.

Generell wirken die Kostüme (Karin PLATH) recht beliebig. Der Grund , weshalb der Herzog und seine Vertrauten in typischen Vorstadt-Mafiosi-Outfits herumlaufen, oder der Sinn für das nicht gerade vorteilhaft wirkende zweite Kostüm Rigolettos aus beigefarbenem Schlafanzugstoff mit Glitzerelementen erschlossen sich nicht.

Andrzej DOBBER in der Titelpartie gelang es relativ schnell, die Aufmerksamkeit auf das Wesentliche zu fokussieren. Hatte man gerade noch über das Hasenkostüm geschmunzelt, wurde man im nächsten Moment schon in den Bann seiner Stimme gezogen. Parallel zur sich in der Dramatik steigernden Geschichte wurde auch die Eindringlichkeit des Gesangs immer stärker. Immer wieder faszinierend ist die Verknüpfung von musikalischem Sachverstand und Gefühl, die diesem Sänger so scheinbar mühelos gelingt. Das Publikum zeigte sich am Ende entsprechend begeistert.

Gefeiert wurde auch Lucy CROWE als Gilda. Ihr Sopran klingt recht gefällig. Die Koloraturen liegen ihr gut in der Kehle. An der Charakterisierung der Figur mangelte es während der ersten beiden Akte allerdings. Zu sehr konzentrierte sich die Sängerin allein auf die Wirkung ihrer Stimme. Erst im dritten Akt wurde die Figur tatsächlich glaubwürdig.

Ivan MAGRI hatte durchaus seine Momente ("Parmi veder le lagrime" war einer davon), doch sein plakatives Gegockel war auf die Dauer etwas anstrengend. Nur an der Rampe zu stehen bzw. auf- und abzulaufen, macht noch keinen guten Duca. Die Stimme des Tenors klingt mit ihrem italienischen Timbre durchaus ansprechend.

Als eine echte Überraschung erwies sich der Sparafucile von Ante JERKUNICA. Neben einer gut geführten Stimme mit einem interessanten, individuellen Timbre überzeugte er mit einer gut ausgearbeiteten Charakterzeichnung jenseits eines platten "schaut mal ich bin böse". Clémentine MARGAINE wirkte als Giovanna eher verhalten, war aber eine ausgesprochen beeindruckende Maddalena mit Sex-Appeal in Erscheinung und Stimme.

Stephen BARCHI sang einen gefällig klingenden Marullo. Bastiaan EVERINK ist auf dem Weg zu einem guten Monterone. Nur an der stimmlichen Durchschlagkraft hapert es derzeit noch etwas. Christina SIDAK ließ bei ihrem kurzen Auftritt als Hofdame eine ausgesprochen schöne, charaktervolle Stimme hören.

Andrew HARRIS (Ceprano), Alvaro ZAMBRANO (Borsa) und Siobhan STAGG (Gräfin Ceprano) ergänzten durchaus solide.

Von Roberto RIZZI BRIGNOLI hätte man sich ein spritzigeres Dirigat gewünscht, aber immerhin hatte er das ORCHESTER gut im Griff. Der CHOR (Leitung: William SPAULDING) hat sich über die Jahre immer noch nicht gelernt, daß guter Gesang und nicht regiekonformes Gehampel an erster Stelle stehen sollte.

Mit einer guten Besetzung ist diese Produktion sicherlich ansehbar, aber auch hier wäre eine konzertante Aufführung eine Alternative. AHS