"TOSCA" - 28. Juli 2007

Schon Wochen vorher war über das Bühnenbild (Johannes LEIACKER) berichtet worden. Das riesige Auge, das nicht nur die Farbe wechseln kann, schwarz für Tosca, blau für die Attavanti, nein die enorme Technik erlaubt das Herausklappen der Iris in viele verschiedene Richtungen und Höhen, auch das restliche Auge kann komplett nach hinten weggeklappt werden.

Regisseur Philipp HIMMELMANN läßt sich von dieser Bühne allerdings nicht einschüchtern. Es gelingt ihm, die Szenen immer wieder zu fokussieren, auf die Figuren herunter zu brechen und die Blende sozusagen nur in bestimmten Augenblicken aufzureißen. Darin liegt eine große Stärke der Inszenierung. Wenn der Mesner (Martin WINKLER) zu Beginn mit den Kindern die Bühne bevölkert, während Cavaradossi hoch oben in der Hebebühne am Auge malt, herrscht großes Tableau, wenn dann aber Tosca und Cavaradossi allein sind gibt es trotz vieler Bewegung Kammerspiel. Und so wechseln sich die Stimmungen ab.

Himmelmann versetzt die Szene in eine Diktatur, keine Militärdiktatur, sondern in eine der Überwachung, wo Scarpias Schergen in unauffälligem Braun, mit Pistolen und Sonnenbrillen die Szene beherrschen. Und Scarpia selbst ist weit mehr als nur der Polizeichef. Seine Macht ist so vollkommen, daß er beim Te Deum im Angesicht von Kreuz und versammeltem Klerus seine Gegner ins Verlies sperren lässt, nur um sie dann erschießen zu lassen. Dazu paßt dann seine extreme Gelassenheit im 2. Akt. Lässig, mit geöffnetem Smokinghemd, spielt er mit Tosca, Cavaradossi interessiert ihn sowieso nicht. Sein gieriger schmatzender Kuß ist nur Teil des Spiels, Toscas "Vissi d'arte" langweilt ihn, sein Tod ist geräuschvoll theatralisch. Auf der horizontal über der Bühne schwebenden Pupille entsteht so eine dichte Atmosphäre.

Im dritten Akt rückt die Bühne dann noch näher. Die Iris steht senkrecht über dem vorderen Bühnenrand, Cavaradossi in hoher Höhe, seine Zelle die aufgeklappte Pupille, über ihm am Rand der Iris Tosca. Die Liebenden sehen sich kaum an, als ob sie nur voneinander träumen, eine Berührung durch die große Entfernung unmöglich. Als Cavaradossi tot am Rand der Pupille liegt, kann Tosca nicht zu ihm, ahnt nur, dass er tot sein muß, bis der Leichnam ins Wasser fällt. In noch höhere Höhen schraubt sich dann die Iris, an ihrem höchsten Punkt Tosca mit sich tragend, bevor diese springt. Nun allerdings nicht real, sondern ihr Fall ist Videoproduktion, ein schier endloser Sturz in den Malstrom. Bei all dieser Dramatik entgeht einem beinahe, daß bei Cavaradossis Arie "E lucevan le stelle" die Sterne tatsächlich über dem Bodensee leuchten.

Nadja MICHAEL gibt eine moderne sportliche Frau, in rotem Hosenanzug bzw. Kleid (Kostüme: Jorge JARA), mit starkem Ausdruck, ihr schon oft beschriebenes Vibrato war allerdings auch an diesem Abend zu hören. Zoran TODOROVICH strahlte nicht nur beim "Vittoria", und Gidon SAKS verlieh Scarpia die dunkle Gelassenheit, die hier betont wurde.

Die Akustik war durch die neue Technik absolut präsent und ausgewogen und Ulf SCHIRMER mit den WIENER SYMPHONIKERN spielen im Festspielhaus mit der nötigen Klarheit, die eine solch monumentale Aufführung erfordert. KS