"DEATH IN VENICE" - 29. Juli 2007

Die Opern im Festspielhaus bilden regelmäßig einen Höhepunkt der Bregenzer Festspiele. So auch in diesem Jahr, wo man sich zum Benjamin-Britten-Schwerpunkt seine letzte Oper auserkoren hat. In Bregenz wird das Werk zu einer perfekten Verschmelzung der deutschen Novelle, der italienschen Stadt, der englischen Musik und des japanischen Regisseurs (Yoshi OÏDA).

Die Szene (Bühnenbild: Tom SCHENK) ist in dunklem Braun: braun metallisch glänzende Paneele an der Rückwand, ein brauner Ponton und braune Stege über seichtem Wasser. Nur das helle, manchmal gleißende Licht oder die dezenten Einblendungen ruhiger Wellen lassen auf Adria schließen (Lichtdesign: Paule CONSTABLE). Mehr braucht es nicht. Zwei tänzerisch geschulte Schauspieler (Tom LAWRENCE und Duncan MACDONNELL) gleiten wie Schatten über die Bühne und gestalten mal mit Waschschüssel und Spiegel das Hotelzimmer, mal mit Ruder den Gondoliere, tragen fast unbemerkt Stühle über die Bühne oder verschieben die Stege wie von Geisterhand, strahlen eine unglaubliche Ruhe und Leere aus. Nichts ist hier fest, alles fließt beinahe unmerklich.

In diesem Fluß befindet sich Gustav von Aschenbach, wie er immer weiter hineingezogen wird in diese Welt, immer weiter versinkt in seinen sich mehr und mehr steigernden Gefühlen für den jungen Tadzio (Pavel POVRAZNÍK). Um ihn herum entsteht ein Wirbel, der getragen wird von z. B. einem Reisenden, einen alten Geck, dem Friseur, dem Hotelmanager, dem alten mysteriösen Gondoliere alle von Britten für einen einzigen Sänger (den sehr wandlungsfähigen Peter SIDHOM) geschrieben, damit den Taumel verstärkend. Da wo nicht Mitglieder des BRITTEN FESTIVAL CHORUS die vielen kleinen Rollen übernehmen greift die dieses Konzept voll unterstützende Choreographie von Daniela KURZ für das TANZTHEATER NÜRNBERG. Deren Badeanzüge, genauso wie die Kleidung von Tadzios Familie oder Aschenbachs Anzug (Kostüme: Richard HUDSON) fixieren das Stück zwar in der Zeit Thomas Manns, Oïdas Personenregie lässt aber keinen Zweifel an der Zeitlosigkeit des Stoffes.

Beeindruckend dabei Alan OKE in der Rolle des Aschenbach, der beinahe die gesamte Zeit auf der Bühne ist und dessen Entwicklung von Verwunderung über Egoismus und Verfall bis zu seinem leisen Tod einen nicht losläßt. Oïda gelingt es darüber hinaus, die mystischen Elemente des alten Gondoliere oder den Streit zwischen Apollo (Will TOWERS) und Dionysos ohne Bruch zu integrieren.

Paul DANIEL und die WIENER SYMPHONIKER bieten Brittens aufgefächerte Musik detailreich von der kleinen Geste bis zum großen Ausbruch. Brittens immense Humanität hat hier einen ergreifenden Ausdruck gefunden. KS