Das Konzert hätte bestimmt wesentlich mehr Besucher angezogen, wäre es etwas mehr beworben worden. Ich bin jedoch überhaupt nur dadurch aufmerksam geworden, weil dieses Konzert in einem Interview mit dem jungen Baß-Bariton erwähnt wurde. Der Mangel an Organisation setzte sich schließlich fort in der Programmheftgestaltung. Ein Heft für insgesamt vier Konzerte mit Künstlerbiographie sowie den Liedertiteln (keine Texte!).

Die Kleine Musikhalle hat den Charme einer Schulaula aus den fünfziger Jahren und war mangelhaft geheizt (so habe ich nicht mehr in einem Konzert gefroren seit den legendären konzertanten Opern in der Lübecker Holstentorhalle), so daß es schwierig war, hier tatsächlich Atmosphäre entstehen zu lassen.

Hanno Müller-Brachmann gelang dies trotzdem. Die Anwesenden dürften ihr Kommen daher nicht bedauert haben. Der Sänger verfügt über eine interessant timbrierte Stimme, die für sein jugendliches Äußeres bereits sehr große Reife aufweist.

Die Stimme überrascht durch ihre große Bandbreite und verliert weder in der baritonalen Höhe, noch in der bassigen Tiefe etwas von dem Wohlklang. Von besonderem Reiz sind die Pianissimo-Passagen, die nicht gehaucht, sondern tatsächlich ausgesungen werden. "Lieder nach Texten norddeutscher Dichter" war das Programm überschrieben.

Dargeboten wurden vor der Pause neun Lieder von Schubert nach Texten von Ernst Schulze, wobei hierbei "Über Wildemann" und "Lebensmuth" hervorzuheben sind, die sich durch eine sehr zupackende Herangehensweise auszeichneten, die den Lebenshunger in diesen Liedern treffend ausdrückte.

Nach der Pause begann Müller-Brachmann mit sieben Liedern von Brahms nach Texten von Klaus Groth (sehr ergreifend das "Regenlied" und "Mein wundes Herz"). Danach folgten die "Vier ernsten Gesänge", von denen "O Tod" den direktesten Zugang zum Herz der Zuhörer schaffte.

Begleitet wurde Müller-Brachmann von Dietmar LOEFFLER am Flügel, der wenig eigene Akzente setzte, nachdem ihm nach den ersten Liedern klar zu werden schien, daß man den Fuß nicht unbedingt auf dem Pedal abstellen muß... Nach zwei Zugaben (Brahms' "Die Melodien" und eine zweite Version vom "Regenlied") wurde das begeistert applaudierende Publikum nach Hause entlassen. MK