„DON GIOVANNI“ - 14. Oktober 2003

Gibt es noch Sänger, die gut aussehen, singen und spielen können??? Eigentlich ist die Antwort doch ein deprimiertes „Nein“ nach einer langen Pause des Nachdenkens. Ich kann mit gutem Gewissen sagen: Ja, die gibt es!!! Mehr dazu später.

Zunächst einmal gilt es festzustellen, daß mich die Inszenierung des „Don Giovanni“ von Pet HALMEN aus dem Jahre 1996 immer noch nicht überzeugt. Daß sie in einem Nobelhotel spielen soll, kann man eigentlich nur an den ab und zu durch die Gegend geschleppt werdenden Koffern und der Rezeption festmachen. Ansonsten könnte es auch ein Palais o.ä. sein. Man hätte mehr hoteltypische Sachen zitieren sollen. Die Personenführung ist eher als konventionell anzusehen. Neue Aspekte erfährt man nicht wirklich. Halmen entwarf auch die gelungenen Kostüme, sowie das Bühnenbild.

Sängerisch war es eindeutig der Abend der tiefen Herren, aber Ladies first: Julia SUKMANOVA, das neue Opernstudio-Mitglied wurde in ihrer vermutlich ersten Vorstellung an einem Theater gleich ins eiskalte Wasser geworfen: Sie sprang für Hellen Kwon als Donna Anna ein! Unsicherheiten zeigte sie nur beim Schlußapplaus, bei dem sie etwas geniert wirkte, was in der Aufführung hingegen nie der Fall war. Ansonsten kann man ihr eine vielversprechende Leistung attestieren. Ich würde sie gerne noch mal in dieser oder einer anderen vergleichbaren Rolle hören, wenn sie sich mehr eingelebt hat.

Danielle HALBWACHS legte die Partie der Elvira für meine Verhältnisse zu wenig rachedurstig an. Man hatte nie wirklich das Gefühl, daß sie auf Don Giovanni sauer ist. Aber ist mal eine andere Lesart der Rolle. Gabriele ROSSMANITH sang eine nette Zerlina. Ihr Masetto wurde von Alexander TSYMBALYUK gesungen, dem ich eine große Rolle wünsche, damit er sich entfalten kann.

Tomislav MUZEK hat durchaus Talent und nicht so eine Fistelstimme, die man oft in diesem Fach hört, aber auch ihm nahm man die Vendetta-Gedanken nicht ab. Zu seicht war sein Vortrag.

Von ganz anderem Kaliber war Johan REUTER, der von einem Jahr in den „Meistersingern“ einen tollen Kothner sang. Sein Leporello hat Format. In seiner Registerarie merkte man, daß er sich zwar auf der einen Seite über seinen Herren lustig macht, auf der anderen aber auch insgeheim neidisch ist auf die amourösen Abenteuer des Don Giovanni.

Dieser wurde von Michael VOLLE gesungen, den ich mit meinen einleitenden Worten meinte. Die Identifikation mit der Rolle ist faszinierend – er IST Don Giovanni. Er sieht blendend aus, hat eine tolle Stimme, den nötigen Aplomb und ein umwerfendes schauspielerisches Können. Man hatte teilweise wirklich Angst um Leporello, so z.B. als er ihn mit voller Wucht vom Billard-Tisch schubst. Er versteht es auch, die vokalen Effekte so in seinen Vortrag einzubauen, daß sie nie störend wirken. Ein grandiose Leitung von einem grandiosen Sänger, dem man eine grandiose Karriere voraussagen will. Hans-Peter SCHEIDEGGER empfahl sich mit seinem engagiert ins Schwert laufenden Komtur für größere Rollen.

Peter SCHNEIDER leitete das PHILHARMONISCHE STAATSORCHESTER HAMBURG sicher und souverän mit kompetenter Hand. Ich hätte mir jedoch ein etwas akzentuierteres Dirigat gewünscht. Der CHOR unter Tilman MICHAEL, dem Assistenten von Leiter Florian Csizmadia, absolvierte seinen Part ohne Fehl und Tadel. WFS