„TANNHÄUSER“ - 16. März 2003

Die Harry KUPFER-Produktion wird regelmäßig vom Publikum gestürmt. Liegt es daran, daß diese Inszenierung in dieser Saison nur für zwei Vorstellungen aufgenommen wurde? Oder mag es darin liegen, daß das Publikum nicht so dumm ist, wie manchmal vermutet wird? Eine moderne, durchdachte Regiearbeit setzt sich eben durch, im Gegensatz zu der einen oder anderen Produktion im Repertoire.

Das Publikum spendete viel Applaus, doch musikalisch war es ein unausgeglichener Abend. Das lag weniger an Philippe AUGUINs Leitung des ORCHESTERs. Dies war nicht aufregend, aber er hielt alles gut zusammen, begleitete die Sänger, so daß sie sich gut aufgehoben fühlen konnten, und ging auf die unterschiedlichen Bedürfnisse ein.

Es lag auch nicht am sonoren Landgrafen von Harald STAMM, der derartige Rollen noch immer mit großer Autorität und Präsenz durchmißt und gesanglich absolut sicher war. Auch an Christoph GENZ als Walther, der seine gute Leistung der vergangenen Saison wiederholte, der schönstimmigen Frédérique FRIESS als Hirten und vor allem Yvonne NAEF (Venus) als rassigem, rothaarigem Männertraum mit großer und mit erotischem Timbre gesegneter Stimme, lag es nicht.

Eher schon an Cheryl STUDER als Elisabeth. Darstellerisch war sie im zweiten Aufzug für meinen Geschmack zu puppig, zu gekünstelt. Im dritten Aufzug vermochte sie dann jedoch zu erschüttern. Auch stimmlich unterschieden sich die beiden Aufzüge gewaltig. Waren im zweiten Aufzug deutlich Begrenzungen in der Höhe, Registerprobleme und eine gewisse Kurzatmigkeit festzustellen, waren im dritten Aufzug diese Probleme wie weggewischt. Das Gebet war ergreifend.

Ähnliches war bei dem Wolfram von Andreas SCHMIDT zu bemerken. Sein „Blick ich umher“ und der „Abendstern“ waren traumhaft phrasiert, sehr intelligent gesungen mit lyrischer Stimmgebung. Alles andere der Partie wies rauher Stellen auf, die Intonation war unsauber, und auch darstellerisch wirkte der Sänger irgendwie bis zu Tannhäusers Auftritt im dritten Aufzug abwesend. Dann ließ er sich von diesem offenbar anstecken.

Robert GAMBILL hat nicht die schönste oder edeltimbrierteste Stimme der Welt. Da gibt es Passagen, da fürchtet man, ob er den Abend zu Ende singen kann, vieles klingt da gefährdet. Trotzdem beeindruckte der Sänger durch den absolut schonungslosen Einsatz. Er vermochte in jeder Sekunde zu packen, er ist in jedem Augenblick präsent, so daß die rein technische Seite zur Nebensache wird. Seine Rom-Erzählung ist so ein Meisterstück an Phrasierung und Textbehandlung, so daß man vor Spannung den Atem anhält.

Jörg SCHÜMANN als Biterolf und Dieter WELLER als Reinmar blieben unauffällig, Frieder STRICKERs Heinrich war überraschend wohlklingend.

Der CHOR löste seine Aufgaben auf ordentlichem Niveau, auch wenn es einige Stellen gab, an denen eher eine Ansammlung von einzelnen Stimmen zu hören war, als ein gemeinsamer, einheitlicher Klang produziert wurde. MK