„UN BALLO IN MASCHERA“ - 31. Mai 2003

„Repertoire“, diese Überschrift möchte man in dicken Lettern über diese Aufführung des „Ballo“ setzen, und das, obwohl die Produktion erst zwei Jahre alt ist. Jeder macht zwar das, was er soll, aber es wirkt irgendwie uninspiriert. Die Regie (Alexander SCHULIN) gefällt mir auch nach viermaligem Sehen nicht. Es gibt zwar recht interessante Ansätze, die werden aber teils dilettantisch umgesetzt. So wirkt z.B. das Herumgerenne von Gustavo auf der Bühne, obwohl er gar nicht zu sehen sein dürfte, eher, als ob der Sänger zu früh gekommen wäre und nicht, als wäre er eine Erscheinung, eine Phantasmagorie. Hier hätte man eventuell mit Doubles arbeiten sollen. Weiterhin habe ich immer noch nicht verstanden, warum Amelia im zweiten Akt über Holzbretter kommt, und die Verschwörer diese nachher abnehmen. Das karge Bühnenbild entwarf Richard PEDUZZI, Moidele BICKEL die passenden Kostüme.

An diesem Haus herrscht ein chronischer Mangel an guten Verdi-Tenören. Es ist mir unerklärlich, wie man jemanden wie Viktor AFANASENKO mit dem Gustavo betrauen kann! Er hat eine unschöne Stimme, die er stets versucht, künstlich auf Volumen zu trimmen. Seine hohen Töne sind allesamt gepreßt. Auch darstellerisch war er ein glatter Reinfall. Die Sterbeszene war eher zum Lachen, denn zum Weinen. Äußerst unterhaltsam ist auch sein Gesichtausdruck: Bei jedem hohen Ton treten seine Augen hervor. Seine Diktion läßt ebenso zu wünschen übrig, sein Lispeln sollte man wegtrainieren und ihm mal beibringen, daß die Sprache nicht „Italiänisch“ heißt.

Philippe ROUILLON (Renato) verfügt über eine große, gut fokussierte Stimme mit sonorer Tiefe und toller Höhe. Allerdings macht er mit ihr gar nichts, sein Vortrag wirkt auf mich vollkommen kalt, ohne irgendwelche Emotionen.

Grandios hingegen war Michele CRIDER als Amelia. Ihre dramatische Höhe und ihre Fähigkeit, in jeder Lage zarteste Pianissimi zu singen, passen glänzend zu der Rolle und prädestinieren sie für dieses Fach. Auch schauspielerisch war sie eine Klasse für sich.

Nicht ganz so angetan war ich von Birgit REMMERTs Ulrica. Sicherlich hat sei eine profunde Tiefe und einen guten Registerausgleich, aber sie hat meiner Ansicht nach nicht die richtige Ausstrahlung für diese Partie, zudem war ihr Vortrag zu sanft, zu wenig dämonisch, und die Stimme klang an diesem Abend etwas belegt, paßte außerdem nicht so recht zu der von Crider.

Gabriele ROSSMANITHs Oscar war technisch brillant, allerdings war sie zu sehr Koloratursopran und zu wenig Hosenrolle, man hat schon bessere in dieser Partie gehört. Jörn SCHÜMANN (Horn) und Andreas HÖRL (Ribbing) hatten sichtlich Spaß an ihrem Verschwörertanz – ich auch. Jan BUCHWALD (Christiano), Frieder STRICKER (Richter) und Joo-Hyun LIM (Diener) ergänzten.

Stefan SOLTESZ leitete das PHILHARMONISCHE STAATSORCHESTER HAMBURG in erster Linie routiniert. Sehr gut gelang ihm die Entscheidungsszene, in der Amelia den Namen des Mörders von Gustavo ziehen muß. Der CHOR (Leitung: Florian CSIZMADIA) brauchte immer ein paar Takte, bis er seinen Rhythmus und seinen Einsatz gefunden hat, sang dann aber gut.
Wolfgang Schmoller