LIEDERABEND JOSÉ CARRERAS - 17. März 2004

Auf seiner Liederabend-Tournee durch Deutschland gastierte José CARRERAS auch nach mehr als drei Jahren Pause in der trotz happigen Preisen fast ausverkauften Hamburger Musikhalle. Wie man später erfuhr, war es in Hamburg der heißeste 17. März seit Beginn der Temperaturmessungen, was dazu beitrug, daß sich im Saal eine für diese Jahreszeit höllische Hitze entwickelte. Die Organisation ließ ansonsten zu wünschen übrig, denn auch nach Beginn des Konzertes wurden noch Zuhörer eingelassen, der Beleuchter wanderte während des ersten Teils fünfmal durch unsere Reihe, an deren Ende der Scheinwerfer stand...

Trotz dieser Anfechtungen war es ein ausgesprochen erfreulicher Abend. Das Programm bestand aus Liedern von Costa, Tosti, Tirindelli, Serrat, Cioffi, Lama, Rendine und Gastaldon. Die Auswahl war klug auf den Sänger zugeschnitten; die unglaublich breite Mittellage strömt mit einem samtigen Klang, und die Piani mit Schwelltönen soll Carreras erst einmal jemand nachsingen.

In einigen Kritiken war später mit leicht verächtlichem Tonfall zu lesen, es handele sich bei dem Programm lediglich um Salonmusik. Dies mag richtig sein, wird diese Musik jedoch von einem Künstler wie Carreras vorgetragen, gewinnt sie ungemein an Qualität, denn mit derartiger Ausdruckskraft und Leidenschaft, nur mit einem geringen Maß an Sentimentalität, dabei den Kitsch größtenteils vermeidend und jedem einzelnen Wort nachgehend gesungen, hat die Musik auf einmal Nuancen, die man niemals vermutet hätte. Eine von Carreras’ Stärken lag schon immer in seiner unnachahmlichen Phrasierungskunst, die mit den Jahren sich noch vertieft hat.

Das Publikum tobte und erklatschte sich insgesamt sechs Zugaben, darunter „Core ’ngrato“, „Torna a Surriento“ und ein traumhaft phrasiertes „Santa Lucia“, die der gut gelaunte und sichtlich animierte Tenor gerne gewährte.

Lorenzo BAVAJ begleitete am Flügel kompetent, speziell bei den Zwischenspielen mit auffälligem Feuer und ausgesprochen aufmerksam.

Das NUOVO QUARTETTO ITALIANO hingegen fiel vor allem durch etliche unsaubere Töne sowie durch enervierendes Kaffeehausgeschrammel auf. In ihren vier Solo-Stücken herrschte der gefürchtete Humtata-Effekt vor. Derartig Negatives konnte man Cor MUTSERS (Mandoline) und Patrick VAN GERVEN (Gitarre) nicht nachsagen, die ihre Aufgaben unauffällig erfüllten. MK

P.S.: Wo einige Kritiker sieben Zugaben, in denen auch Opernarien enthalten gewesen sein sollen, gezählt haben mögen, kann ich nicht sagen. In diesem Konzert war das jedenfalls nicht.