„DIE DREIGROSCHENOPER“ - 17. Dezember 2004

Es hatte nur vier Monate Vorlauf und mehrere vergebliche Versuche vorher gebraucht, um Karten für die Produktion der „Dreigroschenoper“ im St. Pauli Theater auf der Reeperbahn zu bekommen. Das Theater ist nicht sonderlich groß, aber seit es vom früheren Team der Kammerspiele bespielt wird, deutlich im Aufwind.

Hausherr Ulrich WALLER inszenierte Brechts und Weills Stück in einer auf das notwendigste beschränkten Ausstattung von Götz LOEPELMANN und den Kostümen von Ilse WELTER ohne erhobenen Zeigefinger, und der Schülern bis zum Erbrechen gelehrten Verfremdungseffekt wurde ebensowenig ausgiebig zelebriert. Man wird vielmehr auf hohem Niveau unterhalten, ohne daß man seinen Kopf an der Garderobe vorher abgeben muß. Temporeich, mit vielen Einfällen, speziell bei der Personenregie läuft der Abend ab.

Aber es ist ja auch ein exemplarisches Ensemble von Schauspielern dort versammelt, die dafür, daß es sich ja nicht um professionelle Sänger handelt, sehr ansprechend mit den stimmlichen Anforderungen der Partien fertig werden.

Als Mackie Messer überzeugt Ulrich TUKUR mit schmieriger Attitüde und sichtlichem Spaß am Bösesein; daß er singen kann, ist ja schon länger bekannt. Seine Polly ist bei Stefanie STAPPENBECK ist besten Händen. Sie schafft die Balance zwischen kleinem Mädchen und knallharten Geschäftsfrau auch stimmlich.

Peachum wird von Christian REDL als einen wahren Ausbund an Boshaftigkeit gespielt, daß es fast schon zuviel wird. Für seine dem Alkohol zugetane Gattin ist Eva MATTES eine echte Luxusbesetzung.

Peter FRANKE als Polizeichef macht auch dann eine gute Figur, wenn er ohne jede Hemmung der Korruption nachgeht. Auch Lucy (Anja BOCHE), plötzlich im Finale ihr Interesse an Polly entdeckend, und Spelunken-Jenny (Angela WINKLER) halten dieses hochklassige Niveau.

Ergänzt wird das Ensemble von den RHYTHMUS BOYS, die auch Parts im Orchester übernehmen, Geleitet wird der Abend musikalisch vom inspirierten Matthias STÖTZEL mit Drive ohne dabei über die Rauhheiten der Partitur hinwegzudirigieren.

Jedem, dem es gelingt, Karten zu erlangen, sollte sich diese Produktion ansehen, denn sie bietet Schauspielertheater im besten Sinne des Wortes. MK