"RIGOLETTO" - 5. Oktober 2005

"Guck mal, Micha, Pinguine!" - Das war das erste, was mir vor mittlerweile mehr als zehn Jahren zu dieser "Rigoletto"-Inszenierung von Andreas HOMOKI einfiel, und viel mehr gibt es eigentlich auch jetzt nicht dazu zu sagen. Es ist und bleibt ein merkwürdiger Wirrwarr aus unterschiedlichen Personen in Kostümen mit Farben von Halmasteinen und z.T. sehr pinguineskem Aussehen.

Die 66. Vorstellung seit der Premiere im Oktober 1994 brachte aber auch viel erfreuliches, woran Vittorio GRIGOLO als Duca einen großen Anteil hatte. Der junge Tenor ist ein quicklebendiges Spieltalent, der einem Wirbelwind gleich über die Bühne tobt, singt, lacht, flirtet und genau das richtige Maß an (übersteigertem) Selbstbewußtsein über seine Rolle präsentiert. Dabei wirkt er nicht eine Sekunde unsympathisch. Dazu verfügt über eine gefällige, individuell klingende Stimme, die in dieser Partie vielleicht noch hin und wieder ihre Grenze verrät, aber bereits eine gute Tragkraft besitzt.

Die Gilda des Abends L'ubica VARGICOVA brachte nicht nur eine gefällige Erscheinung, sondern auch ein instinktives Gespür für das richtige Maß an Dramatik mit und steigerte sich so von Szene zu Szene. Koloraturen liegen ihr ebenso geläufig in der Kehle wie theatralischen Ausbrüche. Sie vermittelt Lieben wie Leiden der Figur gleichermaßen intensiv.

Als nicht akzeptabel muß man dagegen die Leistung von Paolo GAVANELLI in der Titelpartie bezeichnen. Unsauberer Gesang, eine Rolleninterpretation, die gegen Null tendierte. Außerdem zeigte sich der Bariton als ein Meister im Verschleppen von Tempi. Spannend fand ich seine Interpretationen nie, doch dieser Abend brachte ein Höchstmaß an Phlegma, was leider vom Dirigenten unterstützt wurde.

Höchst erfreulich indes das weitere Drumherum: Tigran MARTIROSSIAN und Renate SPINGLER als bitterböses Geschwisterpaar, wobei ersterer seinen düsterdunklen Baß noch besser als in der "Traviata" präsentieren konnte, und Frau Spingler schon allein mit der Stimme Erotik pur verströmte. Dazu Carsten WITTMOSER als Monterone, der keines flammendroten Outfits (plus Haar) bedurft hätte, um die Aufmerksamkeit von Hof und Publikum auf sich und seinen Prachtbaß zu lenken, sowie Pavel BARANSKY (Marullo) und Wilhelm SCHWINGHAMMER (Ceprano), die den positiven Eindruck, den man insgesamt vom ergänzten Hamburger Ensemble gewinnen konnte, unterstützten.

Positiv überrascht hat das Dirigat von Dan ETTINGER, der von der extrem langsamen Begleitung Rigolettos (sängerfreundliches Dirigieren ist natürlich immer toll und wünschenswert, aber man sollte nicht das Gefühl haben, daß das Orchester dabei einschlummert), eine ausgereifte, fast liebevoll zu nennende Verdi-Interpretation bot, bei der die PHILHARMONIKER HAMBURG so diszipliniert wie engagiert mitzogen. AHS