AFTER WORK (4) - 16. Dezember 2005

Seit Beginn der aktuellen Spielzeit veranstaltet die Hamburgische Staatsoper monatlich an einem Freitag Konzerte von 60 Minuten Dauer in der Opera stabile. "Zwischen Feierabend und Theater- oder Restaurantbesuch noch ein kleines, fröhliches Konzert mitnehmen?", wird auf der Website der Staatsoper dazu gefragt, und das Konzept folgendermaßen umrissen, "Hier präsentieren sich Künstler der Hamburger Oper: Solisten, Mitglieder des Internationalen Opernstudios und des Ensembles sowie der Philharmoniker und des Opernchores."

In Dezember gestalteten Pavel Baransky und Alexander Tsymbaluyk eine "Liederstunde" mit Werken russischer und ukrainischer Komponisten. Begleitet wurden sie von Anna Kravtsova am Klavier.

Im ersten Teil des Konzertes war es an Pavel BARANSKY, sich abseits der großen Bühne den Hamburgern zu präsentieren. Seine sichtliche Nervosität, die sich hier und da im Gesang niederschlug, war eigentlich unnötig, denn, ob Glinka, Tschaikowski, Kosenko oder Rachmaninow, der Sänger war den vokalen Herausforderungen gewachsen. Hinzu kam, daß es ihm gegeben ist, auch in dem kleinen Rahmen eines Konzerts Werke und Inhalte so zu präsentieren, daß der Zettel mit den übersetzten Texten fast überflüssig war.

Besonders gefielen die Arie des Gnata aus Konstantin Dankjewitschs "Nazar Sdidolja", einem Werk, das definitiv nur der russischsprachige Teil des Publikums gekannt haben dürfte, sowie die Interpretation der Aleko-Arie, bei der ein so nicht vermutetes überschäumendes Temperament zutage trat.

Alexander TSYMBALYUK ist generell der extrovertiertere Sänger im Vergleich zu seinem Bariton-Kollegen. Dem Baß scheint es sichtlichen Spaß zu bereiten, mit dem Publikum zu spielen. Die mächtige Stimme ist für den kleinen Rahmen fast zu groß, ohne daß der Künstler forcieren müßte. Er sang Lieder von Dargomischky (darunter eine Vertonung des gleichen Lermontow-Gedichtes, welches Baransky zuvor in der Version von Kosenko gesungen hatte), Guriljow, Malashkin und Rachmaninow.

Höhepunkt seines Programmteils waren sicherlich Mussorgskys "Flohlied", bei dem man das Gefühl hatte, der Teufel blicke auf das Publikum in Auerbachs Keller mit arroganter Nonchalance herab, zwei Volkslieder und die Zugabe, bei der sich der Baß selbst an den Flügel setzte und nebenbei Klaviervirtuosentum parodierte.

An den Tasten hinterließ Anna KRAVTSOVA erneut einen sehr positiven Eindruck. Sie ist Sängerbegleiterin, aber auch seelische Stütze (gut gegen übergroße Nervosität) und vermag es gleichzeitig ihre eigenen künstlerischen Aspekte zum Abend beizusteuern.

Das "After work"-Konzept ist eine hervorragende Idee - mit einem kleinen Nachteil: Die Konzerte sind eben tatsächlich nur 60 Minuten lang. Man hätte den drei Künstlern gut die doppelte Zeit zuhören können. MK & AHS