"CAVALLERIA RUSTICANA" / "I PAGLIACCI" - 14. Juni 2006

Die Produktion der Verismo-Zwillinge von Giancarlo DEL MONACO ist auch nach vielen Jahren noch immer ansehnlich, mit vielen netten Details. Zudem funktioniert sie auch im Repertoire-Betrieb problemlos.

In diesem Jahr waren die Stücke Chefsache. Am Pult der PHILHARMONIKER stand Simone YOUNG und dirigierte mit großen Bögen. Dabei scheut sie das Sentiment nicht, was in dieser Musik existiert, wird dabei jedoch niemals kitschig. Dabei läuft sie nie Gefahr, die Sänger zuzudecken, selbst wenn sie nicht über Riesenröhren verfügen. Der CHOR war, das war in dieser Produktion nicht immer selbstverständlich, solide.

Michele CRIDER ließ als Santuzza einerseits wunderschöne Phrasierungen und Piani hören, andererseits konnte man sich des Eindrucks nicht erwehren, daß ihr die Partie unbequem liegt, was an diversen scharfen Tönen zu hören war. Trotzdem war es im Großen und Ganzen eine erfreuliche Begegnung, insbesondere weil die Sängerin keine Furie auf die Bühne stellte, sondern eine zutiefst verletzte Frau.

Brenda PATTERSON machte als Lola ihre Sache sehr gut, auch wenn man in Hamburg in dieser Rolle sehr verwöhnt worden ist. Olive FREDRICKS hatte als Mamma Lucia einen guten Abend und unterließ auch das Outrieren größtenteils.

Johan BOTHA hat eine derartig bombensichere Stimme, daß er sich ohne Weiteres hintereinander sowohl den Turiddu als auch den Canio zumutet, ohne dabei jemals an stimmliche Grenzen zu stoßen. Die Spitzentöne kommen mühelos, gelegentlich gibt es auch einmal ein gut gestütztes Piano, für seinen Leibesumfang ist der Tenor sehr beweglich - nur leider gelingt es ihm nicht, mich nur für eine einzige Sekunde zu packen. Es gibt Sänger, die können das Telefonbuch vorsingen, und es ist spannend. Bei Botha klang für mich umgekehrt: er singt extrem emotionale Musik, und es wirkt wie das Telefonbuch.

Die Leidensfähigkeit des Publikums wurde von Jonathan SUMMERS, sowohl beim Alfio als auch beim Tonio, erheblich auf die Probe gestellt. Als Alfio wirkte er darstellerisch wie ein pensionierter Buchhalter, und obgleich ihm Simone Young versuchte, jegliche Hilfestellung zu geben, scheiterte er an der Auftrittsarie. Das mangelnde Temperament war auch im Duett mit Santuzza tödlich. Bei den ersten Takten des "Pagliacci"-Prologs hoffte man noch auf Besserung, doch dann flüchtete sich Summers sogar in Sprechgesang. Es dürfte schwer sein, als Tonio darstellerisch nicht reüssieren zu können, Summers schaffte auch das.

Die Nedda von Miriam GORDON-STEWART wirkte wie ein verschrecktes Kaninchen und nicht wie eine Frau, die vorhat auszubrechen. Sie wirkte ziemlich unbeteiligt, was ihre Arie sowie die folgenden beiden Duette und den Anfang des zweiten Aktes arg lang werden ließ. Zudem spricht ihre Stimme nicht richtig an und wirkt häufig spröde.

George PETEAN würde man durchaus den Tonio zutrauen, zumindest vom Stimmlichen her, für den Silvio war er eigentlich eine Überbesetzung. Ho-yoon CHUNG war als Beppe besser als in den meisten Rollen, die ich von ihm in Hamburg in den vergangenen Spielzeiten hörte, aber noch immer keine Idealbesetzung, dafür fehlt es ihm an Phrasierungskunst. MK