"LA BOHÈME" - 5. Februar 2008

Bei der zweiten Begegnung gewinnt die Inszenierung von Guy JOOSTEN, die mich in der Premierenserie nicht wirklich überzeugen konnte. Doch offenbar ist es möglich, mit Änderungen in der Besetzung auch die Gesamtwirkung der Produktion zu ändern. Man wird nunmehr zumindest gut unterhalten, auch wenn das Bühnenbild von Johannes LEIACKER aus den oberen Rängen noch immer eine Zumutung ist, da sich von dort der optische Eindruck darauf beschränkt, festzustellen, ob die Sänger saubere Schuhe haben. Die Kostüme von Jorge JARA sind akzeptabel; positiv ist zu vermerken, daß Rodolfo zwar noch immer sein doofes Basecap trägt, dafür aber wenigstens seine albernen Baggy-pants verschwunden sind.

Wookyung KIM ist natürlich gegenüber der Premierenbesetzung eine Verbesserung um Lichtjahre. Die Höhen werden ohne jede Schwierigkeit genommen, die weiten Bögen ausgekostet, und das kostbare Timbre sorgt noch zusätzlich dafür, daß die Leidenschaft einen beim Zuhören mitreißt. Inga KALNAs Stimme wirkt nicht ideal für Puccini. Sie blüht nicht auf, es fehlt an der Fähigkeit, die weiten Bögen auszukosten, und nicht zuletzt ist sie auch nicht durchschlagkräftig genug. Woran ihre Mimi am Ende gestorben ist, erschloß sich mir auch nicht wirklich; krank wirkte sie nicht.

Irena BESPALOVAITE ist eigentlich in jeder Rolle, in der sie bisher zu hören war, ein Gewinn gewesen. So auch als sehr exaltierte Musetta, die ihren Striptease im zweiten Akt gekonnt und ohne jede Peinlichkeit hinter sich bringt. Die Stimme ist nicht riesig, trägt aber gut und sitzt perfekt. Oleg ROMASHYN läßt als Marcello einen nicht uninteressanten Bariton hören, der allerdings manchmal wirkt, als sei er für die Größe des Hauses (noch) etwas zu klein. Präsent ist er aber allemal.

Tigran MARTIROSSIAN macht als Colline wieder einmal deutlich, aus welch einem offenbar unerschöpflichen Fundus an jungen, exzellenten Bässen Hamburg wählen kann. Eine erstklassig phrasierte Mantelarie gepaart mit großer Präsenz ergaben eine mehr als erfreuliche Leistung. Jan BUCHWALD zeigte als Schaunard wieder einmal, daß er seinen Körperumfang überraschend schnell über die Bühne bewegen kann, während er stimmlich eher unauffällig blieb.

In den kleineren Rollen war Frieder STRICKER als Benoît wieder in seinem Element, einen kauzigen Spießer auf die Bühne zu stellen. Hee-Saup YOON ließ als Alcindoro Angenehmes hören, war aber keine solche Luxusbesetzung wie Tim Mirfin in der Premierenserie. Jun-Sang HAN durfte als Parpignol wieder einmal seine nicht unrechte Stimme von oben erklingen lassen; sehen konnte man ihn aus den Rängen nicht.

Die musikalische Leitung von Alexander JOEL war wenig sensibel. Er war meist zu laut, was vor allem Kalna und Romashyn mehrere Male in Bedrängnis brachte, und seinen Tempi fehlte der Schwung. Besondere Akzente oder eine Interpretation waren auch nicht festzustellen. Die PHILHARMONIKER habe ich auch schon inspirierter gehört. Deutlich animierter waren der CHOR (Leitung Florian CSIZMADIA) und die HAMBURGER ALSTERSPATZEN (Leitung Jürgen LUHN) bei ihren Aufgaben. MK