"MADAMA BUTTERFLY" - 29. Mai 2008

Die Ulrich WENK-Inszenierung ist der absolute Oldie im Repertoire der Staatsoper Hamburg; fünfundvierzig Jahre, zwei Monate und sechzehn Tage alt wurde sie an diesem Abend. Und sie funktioniert immer noch, was bemerkenswert ist, denn bei so mancher moderner Regie stellen sich schon nach zwei Jahren Alterserscheinungen an.

Ich weiß nicht, warum Hellen KWON es sich antut, die Cio-Cio-San zu singen. Ihr fehlen die notwendigen Voraussetzungen dafür. Die Stimme schwingt nicht weit genug, um die für Puccini-Heroinen unerläßlichen weiten Bögen ausreichend klingen zu lassen. Dafür werden dann die Höhen schrill und spitz herausgestoßen. Wird es dramatisch, forciert die Sängerin, bei "Un bel vedremo" hat man das Gefühl, daß am Ende einfach der Atem fehlt. Daß es unter diesen Umständen keine Interpretation der Rolle geben kann, versteht sich von selbst.

Ihrem Pinkerton Massimiliano PISAPIA hätte man eine bessere Partnerin gewünscht, denn was dem Sopran fehlte, verströmte er im Überfluß: einen schier unendlichen Atem, Spitzentöne von superber Sicherheit, saubere Diktion und dazu auch noch ein lebendiges Spiel mit spontanen Einfällen, so etwa beim Trinken des offenbar wenig wohlschmeckenden Hochzeitstrankes. War er auf der Bühne, schien er auch die Kollegen anzustecken, was leider dazu führte, daß der zweite Akt sich dann arg zog.

Jan BUCHWALD war ein Sharpless ohne stimmlichen Tadel, allerdings von der Stimmfarbe wenig italienisch klingend (eigentlich merkwürdig, bei Rossini oder Donizetti bringt er diese durchaus mit). Deborah HUMBLE machte viel aus der Suzuki, der sie ihren angenehmen Mezzo lieh, mit der sie ihrer Herrin gelegentlich die Show stahl. Ladislav ELGR machte als Goro eine gute, angemessen kriecherische, Figur und klang deutlich gesünder als zuletzt im "Rheingold".

Trine WILSBERG LUND reihte sich ein in die lange Schlange überbesetzter Kates, Moritz GOGG gab Yamadori in dessen kurzer Szene ausreichend Profil, und als Onkel Bonze verstieß Carsten WITTMOSER seine Nichte tonschön und mit viel Autorität.

Besonders erwähnt werden muß noch die Leistung von Ylva-Merline GRAU als Butterflys Kind, die mit einer solchen Natürlichkeit spielt, daß man ihr mehr Aufmerksamkeit schenkt, als ihrer Bühnenmutter. Sie ist eine würdige Nachfolgerin der in dieser Rolle schon legendären Agnes Hussek.

Stefan SOLTESZ bemühte sich knapp zwei Akte lang meist erfolgreich um eine sängerfreundliche Begleitung, um dann im letzten Bild ins Gegenteil zu verfallen. Ansonsten setzte er am Pult der PHILHARMONIKER keine großen Akzente, hielt jedoch immerhin Bühne und Graben zusammen, so daß Unfälle ausblieben. Das große Seelendrama fand mangels adäquater Hauptdarstellerin weder auf der Bühne, noch im Orchester statt. MK