"MACBETH" - 4. und 8. April 2011

Jedesmal, wenn ich Steven PIMLOTTs Inszenierung sehe, frage ich mich verzweifelt, was an Frauen in Fatsuits, die mit Besen gymnastische Übungen veranstalten, komisch sein soll. Jedesmal lacht ein Teil des Publikums, und ich verstehe einfach nicht warum.

Aber so wirklich Begeisterung kann auch der Rest der Regiearbeit nicht wecken. Neben kleinen Fehlern, wenn Macbeth beispielsweise nach seinem Schwert und seinem Dolch schreit, aber dann mit der Streitaxt in den Kampf zieht, die Hexen mit einer Waffe bedroht, die er nicht hat, oder sich wundert, warum der Hexenkessel verschwunden ist, weil sich der Chor davorgestellt hat, gibt es auch große Logikfehler. Die Frage, warum Macbeth mit zwei Dolchen zum Morden von Duncan zieht, aber nur mit einem zurückkehrt, beschäftigt mich schon seit langem (Überlegung meiner Begleitung: Wenn am Ende des Aktes alle Beteiligten Duncans Stichwunde berühren, suchen sie in Wahrheit den zweiten Dolch). Der Moment, in dem Macduff zusammen mit dem Chor Macbeth einkreist und dann tötet, mag aus dem Parkett noch sinnvoll sein, von oben wirkt das Ganze sehr albern. Und wenn Macbeth dann offenbar in die "U-Bahn des Todes", wo bereits alle anderen Toten sitzen, einsteigt, ist die Albernheit endgültig nicht mehr zu steigern.

Hinzu kommen noch die wenig reizvollen und stimmungslosen Einheitsbühnenbilder von Tobias HOHEISEL und die schon erwähnten häßlichen Chorkostüme (Ingeborg BERNERTH), wobei man immerhin zugeben muß, daß die Solistenkostüme einigermaßen kleidsam sind.

Der Macbeth gehört sicherlich zu den besten Rollen von Lucio GALLO. Wie er immer mehr in Verfolgungswahn und Irrsinn abdriftet, ist meisterhaft dargestellt und gesungen. Die Momente nach dem Mord an Duncan werden gespickt mit herrlichen piani, während natürlich auch die Kraft für die großen Ausbrüche vorhanden ist. Das voller Resignation gesungene "Pietà, rispetto, amore" macht schließlich deutlich, daß bereits zu diesem Zeitpunkt alles sinnlos geworden zu sein scheint.

Banco wurde am 4. April von Tigran MARTIROSSIAN verkörpert, der mit warmen Baß, der sich im ersten Akt wunderbar mit der Stimme Macbeths mischt, und kleinen Gesten Autorität verbreitet, aber auch das sofortige Mißtrauen, das nach der Prophezeiung zwischen den Kampfgefährten entsteht, ausspielt. Am 8. April war es Alexander TSYMBALYUK, der mit großer Stimme und sehr durchdachter Phrasierung den Vater von Königen darstellte. In beiden Fällen konnte man den frühen Tod der Figur nur bedauern, zumal die Produktion Banco keinen Auftritt in der Bankettszene gönnt.

Amarilli NIZZA singt als Lady lauter richtige Töne. Leider führt das nicht dazu, daß es ihr gelingt, dem Charakter der Figur irgendwie nahezukommen. Es fehlt an einer wirklichen Interpretation, man hat weder das Gefühl, daß sie mit dem Text umgeht, noch daß sie darstellerisch Akzente setzt.

Wookyung KIM ist wie viele Macduffs vor allem in der Arie und vorher bei der Entdeckung von Duncans Leiche auffällig. Diese beiden Momente singt er jedoch mit höchster Emphase seines schöntimbrierten Tenors, den man hier auch gerne einmal wieder in größeren Rollen hören würde.

Paulo PAOLLILO machte alles aus dem Malcolm, ließ eine sehr gut geführte, lyrische Stimme hören und war ohne weiteres in der Lage, in der Zwei-Tenöre-Cabaletta mitzuhalten. Ein weiteres Tenortalent aus dem Internationalen Opernstudio!

In den kleinen Rollen brillierten Katharina BERGRATH als sehr präsente Kammerfrau, Levente PÁLL als auffällig schönstimmiger Diener und Jongmin PARK als Mörder und Erscheinung mit profundem Baß. Weniger erfreulich war hier Dieter SCHWEIKART als Arzt mit sehr angegriffener Stimme.

Marcus R. BOSCH war nach längerer Durststrecke bei den Dirigenten wieder einmal eine erfreuliche Erscheinung, zumindest in der Vorstellung vom 8. April. Am 4. April ging da doch einiges durcheinander. Er dirigierte schwungvoll, meist sängerfreundlich und durchaus mit eigenen Akzenten. Die PHILHARMONIKER HAMBURG spielten seit langem einmal wieder fehlerfrei und folgten den Intentionen des Dirigenten, so daß aus dem Graben wesentlich Angenehmeres zu hören war als von Seiten des CHORS (Leitung: Florian CSIZMADIA). Man konnte sich des Eindrucks nicht erwähren, daß die alberne Choreographie insbesondere der Hexenszenen das Singen ganz erheblich beeinträchtigte. MK