"LA CENERENTOLA" - Staatsoper, 15. Mai 2011

IWenn man sich vorstellt, wie ein massiv von "Spongebob Schwammkopf", "Rockos modernes Leben" und "Futurama" beeinflußter Comiczeichner mit einem Faible für die dreißiger Jahre seine Version der Reality-TV-Show "The Bachelor" (Prinzip: eine Horde aufmerksamkeitsgeiler Frauen buhlt um die Gunst eines smarten Schleimbolzen) auf dem Mars zu Papier bringt, hat man eine ungefähre Ahnung davon, wie die Neuproduktion von "La Cenerentola" an der Hamburgischen Staatsoper aussieht.

Was Renaud DOUCET (Regie und Choreographie) und sein Kostüm- und Maskenbildner André BARBE auf die Bühne brachten ist so herrlich verdreht, durchgeknallt, selbstironisch und mit einem Schuß Gesellschaftskritik gewürzt, daß es eine reine Freude ist. Jeder Erwachsene, der im Herzen ein Kind geblieben und nicht willens ist, dieses zu ändern, kann mit dieser Inszenierung verdammt viel Spaß haben. Ich möchte hier keine der zahlreichen Details verraten, da man dieses Gesamtkunstwerk einfach gesehen haben muß. Das ist DIE begeisternde Produktion, auf die ich in Hamburg seit einer halben Ewigkeit gewartet habe. Ich hoffe nur inständig, daß sie sich nicht abnutzt!

Am musikalischen Gelingen des Abends hatten auch gerade die Frauen einen maßgeblichen Anteil. Maite BEAUMONT ist nach ihrer Zeit im Ensemble ein immer wieder gern gesehener Gast. Ihre Cenerentola ist zwar eher zurückhaltend, jedoch keineswegs ein verhärmtes Mauerblümchen und hat es faustdick hinter den Ohren. Technisch ist sie der Partie zudem jederzeit gewachsen.

Dieses Niveau hielten die herrische Renate SPINGLER und die bockige Gabriele ROSSMANITH als die bösen Stiefschwestern Tisbe und Clorinda. Es war einfach ein Genuß, deren Gezicke und Gekeife zu hören und zu sehen. Ihr Zusammenspiel war schlichtweg grandios. Da sieht man mal wieder, was man an einem richtig gut aufeinander eingespielten Ensemble hat!

Maxim MIRONOV (Don Ramiro) machte eigentlich nichts falsch. Allerdings konnte er mich nicht wirklich überzeugen. Sein Vortrag ging irgendwie an mir vorbei, die Rolle hat mich in seiner Interpretation einfach nicht sonderlich interessiert.

Bei den tiefen Herren stach Tigran MARTIROSSIAN als köstlicher Alidoro heraus. Er hat zwar nicht viel zu singen, aber das hat definitiv Eindruck gemacht. Enzo CAPUANOos (Don Magnifico) Auftrittsarie fand ich ziemlich uninteressant, er konnte sich jedoch über den Abend zu einer grundsoliden Leistung mit gutem Parlando steigern. Viktor RUD hatte als Dandini ein, zwei lichte Momente, blieb der Rolle aber so einiges an aufgeplustertem Ego und Hintertriebenheit schuldig.

Ziemlich fade, teils arg konfus und ohne große Dynamik, gerade in den beiden Crescendi ließ Antonello ALLEMANDI die Ouvertüre von den HAMBURGER PHILHARMONIKERN spielen. Danach fand er dann aber den Weg zu einem souveränen, aber nicht unbedingt mitreißenden Dirigat. Vom CHOR unter der Leitung von Florian CSIZMADIA hätte ich mir etwas mehr Inspiration und Feuer gewünscht. WFS