"L'ELISIR D'AMORE" - 23. Februar 2012

Weshalb findet Jean-Pierre Ponelles "Elisir d'Amore"-Produktion nach so vielen Jahren immer noch ihr Publikum? Liegt es am naturalistischen Bühnenbild? All den netten Kleinigkeiten wie z.B. Nemorinos Schaf? Oder ist der Grund dafür, daß diese Interpretation der Donizetti-Oper ganz und gar auf jegliche Neu- oder Andersdeutung verzichtet, schlicht die Liebesgeschichte von Adina und Nemorino erzählt?

Neudeutungen sind nicht per se schlecht, nur eben teils schlecht gemacht. Dies ist eine Produktion zum Immerwiedergehen, für Opernnovizen, für Gelegenheitsbesucher - und in dieser Besetzung anscheinend auch etwas für Teenager.

Wäre der Begriff nicht bereits so überstrapaziert, könnte man Katerina Tretyakova und Dovlet Nurgeldijev durchaus als ein Traumpaar bezeichnen. Die beiden jungen Sänger harmonieren stimmlich wie darstellerisch perfekt. Hört man ihnen zu, ist einem um die Zukunft der Oper nicht bange.

Katerina TRETYAKOVA liegen die Koloraturen perfekt in Kehle. Stimmschön, ohne sich allein auf ihre schöne Stimme zu verlassen, zeichnet sie gekonnt Adinas Charakter und Entwicklung, macht deren Lebensfreude fast greifbar. Die Freude, die sie beim Singen ausstrahlt, ist überaus mitreißend, und so freute man sich auf jede einzelne ihrer Szenen. Alles wirkt natürlich, nichts ist irgendwie gekünstelt. Dieser jungen Frau liegt ihr Beruf definitiv im Blut.

Als Dovlet NURGELDIYEV am Ende dieses Abends vor den Vorhang trat, kreischten die weiblichen Teenager im Parkett ihre Begeisterung laut heraus. Dieser Überschwang war nur zu berechtigt. Der turkmenische Tenor hat Nemorino perfekt einstudiert. Seine präzise Beobachtungsgabe gipfelte auch diesmal in einem gelungenen Rollenporträt. Nemorino war hier nicht der plumpe Tor, sondern eher übermäßig schüchtern, bis die zweite Portion "Liebestrank" ihm diese Zurückhaltung nimmt. (Für die exzellente Schafbehandlung gibt natürlich Extra-Punkte.)

Musikalisch war dies nicht, wie bei anderen häufig gehört, das reine Hinarbeiten auf die Arie. Jede Phrase saß, jeder Note wurde die gebührende Aufmerksamkeit gewidmet. Es ist wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis andere Häuser ihre Finger nach diesem Tenor ausstrecken.

Renato GIROLAMIs Dulcamara wirkte streckenweise recht jugendlich und strahlte doch die Erfahrung eines langen Lebens als Schlitzohr und fahrender Händler aus. Der Bariton verfügt über eine elegant klingende, gut trainierte Stimme mit ausgesprochen schönen Klangfarben. Sein recht natürlicher, beinahe bodenständiger Charme fesselte die Landbevölkerung auf der Bühne wie auch das Publikum.

Katherina BERGRATH und Viktor RUD ergänzten dieses Ensemble - die eine mehr, nutzte sie insbesondere doch Giannettas Szene im 2. Akt, um sich und ihre Stimme gut zu präsentieren, und der andere weniger, denn es fehlte ihm an Stimmkraft und Präsenz. So war es schlicht nicht nachvollziehbar, weshalb Adina Belcore auch nur für einen Moment als Heiratskandidaten in Erwägung ziehen sollte.

Der CHOR (Leitung: Christian GÜNTHER) klang gut disponiert und gab sich ausgesprochen spielfreudig. Einige der Herren in Uniform versuchten sich sogar erfolgreich an Variationen des aus der "Ballo"-Produktion bekannten "Verschwörer Dance".

Anstelle der Philharmoniker hörte man an diesem Abend die HAMBURGER SYMPHONIKER. Es war eine recht angenehme Wiederbegegnung, zu der das Dirigat von Alexander SODDY allerdings leider wenig beitrug. Etwas flottere Tempi sowie hin und wieder weniger Lautstärke hätten dem Abend nicht geschadet.

Das Treiben auf der Bühne indes bereitete dem Publikum viel Vergnügen und dementsprechend begeistert war am Ende auch der Applaus. AHS