MYSTICOPER - 15. Dezember 2012

Am 4. November 2012 eröffnete die bereits vierte private Musiktheaterbühne Hamburgs nach der Kammeroper, dem Engelsaal und dem Opernloft. Sie nennt sich Opernfactory und befindet sich in einer alten Fabrikhalle - dem Geruch nach ein Teekontor - im nicht sonderlich glamourösen Tonndorf. Während die ersten drei Häuser komplette Opern (Kammeroper), Operetten (Engelsaal), bzw. gekürzte Opern (Opernloft) spielen, gibt es in diesem Haus ca. viermal pro Monat Galaprogramme, die unter einem bestimmten Motto Stücke aus dazu passenden Opern quasi halbszenisch zur Aufführung bringen.

Gespielt wurde ein "Zauberflöten"-Medley, sowie Arien und Szenen aus "Rusalka", "Cenerentola", "Hänsel und Gretel", "Bastien et Bastienne", "Samson et Dalilah", der "Lustigen Witwe" und "Orpheus in der Unterwelt" (Offenbach).

Barbara KALINER, die Leiterin der Opernfactory, welche zudem die Regie und Kostüme verantwortete, sang die 2. Dame, Rusalka, Hanna Glawari (und nicht Vilja wie das Programmheft fälschlicherweise ausweist...), die Knusperhexe, das Sandmännchen und Venus mit ziemlich scharfem Ton und häufig versäumten Einsätzen. Sie gefiel sich vermutlich weitaus besser als mir. Gerade das Sandmännchen fiel besonders negativ auf. Wesentlich besser schlugen sich die anderen Sänger.

Katrin REDEPENNIG absolvierte die 1. Dame, Papagena, Gretel, Minerva und Eurydike grundsolide, gelangte mit dem (transponierten?) "Der Hölle Rache" jedoch ein wenig an ihre Leistungsgrenzen.

Die kompletteste Leistung erbrachte Xenia GANZ mit ihrem schön strömendem Mezzo und einer guten Portion schauspielerischen Talents. Sie gefiel sowohl als 3. Dame, wie auch als verführerische Angelina und ebensolche Dalilah, sowie als Diana und Hänsel. Für weitere Aufführungen sollte man sich jedoch vielleicht überlegen, ob es nicht etwas besser wäre, beim Hänsel gewisse, geschlechtsspezifische Körpermerkmale ein klein wenig zu kaschieren und nicht noch durch Hosenträger zusätzlich zu betonen...

Mario TREICHEL, der sich zusätzlich zu seiner Musicalausbildung im klassischen Gesang weiterbilden ließ, ist sicherlich nicht der allerbeste Sänger, dafür war er ein ungemein präsenter und einnehmender Darsteller, der als Papageno, Jupiter und Herr Colas ("Bastien et Bastienne") viel Spaß machte.

Jeong-Hwan PARK wirkte ein wenig steif, meisterte seine Szenen im Großen und Ganzen sehr solide. Ich bin mir jedoch nicht sicher, welches Stimmfach er eigentlich hat. Laut Homepage der Opernfactory ist er Bariton. An diesem Abend sang er allerdings Tamino und einen erstaunlich kurzhaarigen Samson (den kurzen Part gegen Ende des "Mon Coeur"). Seinem mutmaßlich leicht transponierten Sarastro (!!!) fehlten dafür etwas die ganz tiefen Töne. Im "Orpheus" gab er außerdem den souveränen Pluto.

Ulrike LIPPE begleitete die Sänger am Flügel, ohne großartig aufzufallen. Es dürfte sich von selbst verstehen und ist wohl müßig zu erwähnen, daß die Zugabe das "Brindisi" aus "Traviata" war. WFS