"LAUTER VERRÜCKTE!" - 19. Mai 2013

Das Allee-Theater hat sich des Stückes "Che Originali!" von Johann Simon Mayr, dem Donizetti-Lehrer, angenommen, welches im Jahre 1798 uraufgeführt wurde. Wie in der Hamburger Kammeroper üblich wird das Stück in einer Bearbeitung gespielt, diesmal von Fabian Dobler, Barbara Hass und Philipp Kochheim. Das bedeutet natürlich die deutsche Sprache, die Rezitative werden durch teilweise sehr moderne Sprechtexte ersetzt, und es kommt auch zu musikalischen Eingriffen, wenn Aristea ihren musikverrückten Vater durch eine Jazz-Einlage (Gershwins "I got rhythm") von anderen Musikstilen zu überzeugen sucht.

Die Handlung des Stückes gibt nicht viel her, Don Febeo will an der Oper auftreten, geht mit seiner Musik dem gesamten Haushalt auf die Nerven, unterrichtet seine lustlosen Töchter, von denen eine sich gegen den Willen des Vaters verheiraten möchte, und zwei Dienstboten mischen noch als Vermittler dieser Ehe mit, wobei sie sehr auf ihren finanziellen Vorteil aussind. Musikalisch bewegt sich das Ganze stilistisch irgendwo zwischen Mozart und Rossini, ohne jemals die Klasse eines von beiden zu erreichen. Man möchte fast sagen, es handele sich um ein nettes Nichts.

Dieses wird jedoch durchaus unterhaltsam dargebracht, auch wenn die Inszenierung von Philip KOCHHEIM, der auch für das Bühnenbild mit zahlreichen Komponistenporträts (auch welchen, die zum Zeitpunkt der Uraufführung längst nicht geboren waren) zuständig ist, zeitweilig dem Affen zuviel Zucker gibt. Es gibt kaum einmal einen Moment der Ruhe, in den Arien ist ständig Bewegung von gerade nicht singenden Figuren auf der kleinen Bühne, was über zwei Stunden hinweg zuviel des Guten ist. Dazwischen gibt es aber immer wieder sehr komische Momente, wenn Don Febeo allen Anwesenden versucht, die Oper vorzuspielen, in der er auftreten wird, oder anschließend, nach einem grandiosen Mißerfolg, den realen Dirigenten unten im Graben verantwortlichen machen will. Die von Barbara HASS geschaffenen Kostüme sind passend.

Don Febeo wird großartig von Marius ADAM verkörpert, der wieder einmal sämtliche stimmlichen und darstellerischen Register zieht. Der Sänger, der eigentlich an allen Produktionen, die ich bislang an der Kammeroper gesehen habe, beteiligt gewesen ist, wirkt darstellerisch immer absolut spontan, übertreibt dabei niemals, und verfügt über einen Bariton, der ohne Probleme auch bei den manchmal etwas holpernden deutschen Texten legato oder Koloraturen singen kann.

Die Tochter Aristea ist bei Feline KNABE ist ausgezeichneten Händen. Sie hat nicht nur ein ausgesprochenes Talent für Komik, sondern läßt auch einen tadellosen Mezzosopran hören. Und ihre Jazz-Einlage inklusive passendem Tanz hätte auch in einer professionellen Musicalproduktion reüssiert. Sie wurde hierbei von der anderen Tochter Rosina (Antje PRZYWARA) und der Hausangestellten Celestina (Rebekka REISTER) bestmöglich unterstützt. Erstere war mit lyrischem Sopran in der Rolle der hypochondrischen, allseits ignorierten zweiten Tochter zu hören, die wahrscheinlich die musikalischen Ambitionen ihres Vaters erfüllen würde, wenn sie nur einmal beachtet würde. Zu Beginn gab es ein paar Abstriche bei den Höhen, die sich dann jedoch legten. Diese Abstriche sind auch bei Rebekka Reister zu attestieren, die jedoch durch ihr komödiantisches Timing gefallen konnte.

Aristeas Bräutigam Don Carolino sang Manuel KÖNIG. Er machte im Ganzen seine Sache sehr ordentlich, kämpfte aber gerade zu Beginn sehr mit den tenoralen Läufen und Höhen. Aber auch das legte sich nach der Pause. Frank Dolphin WONG als Diener Biscroma spielte zu gewollt komisch, es fehlte hier an dem Gefühl dafür, wann es genug ist. Stimmlich waren in seiner Baritonstimme einige rauhe, scharfe Töne zu vermelden.

Am Pult des kleinen ALLEE-THEATER ENSEMBLES, welches vollkommen fehlerlos spielte, dirigierte Fabian DOBLER mit viel Brio und Tempo, was dem Stück gut bekam, und die Musik nach mehr klingen ließ, als sie eigentlich beinhaltet. MK