Während sich der Dirigent Antonello ALLEMANDI bemühte, zwischen Bühne und Orchestergraben das größtmögliche Chaos zu verursachen und dabei auch noch großen Erfolg hatte, wurde auf der Bühne darüber großzügig hinweggesehen. Die Sänger waren mehr damit beschäftigt, die an sich nicht unbedingt komische Inszenierung mit Leben zu erfüllen, was ihnen sehr gut gelang.

Es wäre allerdings wünschenswert, wenn Dmitri HVOROSTOVKY (Figaro) seinen Text lernen und seine Einsätze beachten würde. Außerdem könnte ein bißchen Sprachtraining nicht schaden, da ein starker russischer Akzent die Parlandofähigkeit ziemlich beeinflußte. Ein besonderes Lob gilt dem Maskenbildner für die Aufmachung des Bartolo Renato GIROLAMIs. Eine Ähnlichkeit mit dem Photo in der Hauszeitung war auf jeden Fall nicht mehr vorhanden. Stimmlich und darstellerisch überzeugte dieser Bartolo. Seine kauzige Art ließ ihn fast zum Sympathieträger werden.

Basilio (Paata BURCHULADZE) gefiel in der zweiten Vorstellung besser als in der ersten. Weshalb allerdings orkanartige Jubelstürme nach einem guten, aber nicht sensationellen "La calumnia" lostobten, ist für uns nicht ganz nachzuvollziehen.

Als Rosina gefiel Ning LIANG. Stimmlich tadellos war sie darstellerisch jeder Zoll genau die Person, die durch "Una voce poco fa" beschrieben wird: scheinbar sanft und lieb, doch wenn sie gereizt wird, kratzbürstig und sehr kapriziös.

Ihr Conte d'Almaviva war Raul GIMENEZ. Nicht nur, daß er eine Lehrstunde in Rossini-Gesang erteilte (und daß, obwohl er vor der zweiten Vorstellung als indisponiert angekündigt wurde und auch hörbar unter einer Erkältung litt), Herr Gimenez machte uns auch zum ersten Mal deutlich, daß der Conte d'Almaviva im "Babiere" und der in "Figaros Hochzeit" die gleiche Person sind. In jeder seiner Verkleidungen liebenswert, dabei jedoch immer noch arrogant genug, um Distanz zum einfachen Volk zu halten, wünscht man ihm, daß er seine Rosina bekommt. Er war es letztendlich, der dafür sorgte, daß es ein wirklich spannender Opernabend wurde (nicht zuletzt durch sein eigenhändiges Gitarrenspiel in seiner zweiten Arie).

Bemerkenswert ist, wie sehr sich am zweiten Abend seine Kollegen bemühten, ihm durch die Vorstellung zu helfen, indem sie an gefährlichen Stellen schon einmal seine Einsätze übernahmen oder allgemein in solchen Momenten darstellerisch von ihm etwas ablenkten. Auf jeden Fall sind wir Herrn Gimenez dankbar, daß er die Vorstellung trotz seiner Erkrankung gesungen und durchgestanden hat.

Als Fiorello ergänzte Christoph WENDEL besser als Yoko KAWAHARA-STOBINSKI als Berta. AHS & MK

P. S. : Für die Vorstellung am 30. 04. 1996 sagte Herr Gimenez aufgrund seiner Erkrankung ab. Für ihn sang Maurizio COMENCINI ein. Wir hoffen, daß die Leute, denen wir unsere Karten verkauft haben, ebenso viel Spaß hatten wie wir an den beiden Abenden zuvor. (Wir verbrachten den Abend übrigens im Kino - ein wenig overdressed - und sahen "City Hall" in der Originalversion. Nicht so amüsant wie der "Barbiere", aber trotzdem sehenswert...)