„Intermezzi“ - 15. November 2003

Wie kann ich Menschen zu neuer Musik bringen? Und das, ohne daß sie wiederum schnell die Flucht ergreifen und ich vor einem leeren Haus stehe? Und warum gibt es im zeitgenössischen Repertoire eigentlich fast keine komischen Opern? Diese Fragen stellen sich wahrscheinlich (oder hoffentlich) viele Intendanten.

In Köln hat man sich an eine Lösung gewagt. Die beiden Kölner Autoren Bernd Schröder und Elke Heidenreich wurden beauftragt kurze humorvolle Libretti zu schreiben, die wiederum an fünf Komponisten gegeben wurden. Und nun, nachdem alle Mini-Opern an einem Abend uraufgeführt wurden, werden sie in Zukunft, nach Vorbild der Zwischenaktmusiken der Barockoper, einzeln in den Pausen der „großen“ Opern gespielt werden. Wer mag schaut zu, wer das nicht möchte, kann wie gewohnt zu Sekt und Schnittchen gehen.

Zwei der Komponisten knüpfen in ihren Werken musikalisch an die letzte große Zeit der komischen oder absurden Oper an, den zwanziger Jahren mit ihren Einflüssen des Jazz. So gibt es in Detlef Glanerts „Ich bin Rita“, in dem ein Mann nach einer durchzechten Nacht in seiner Wohnung auf die ihm unbekannte Rita trifft, die ihm seine Ausfälle der vergangenen Nacht erzählt bis hin zur Verlobung mit eben jener Rita, Anklänge etwa an Hindemiths „Hin und zurück“.

Oder Tilo Medeks „Der Überfall“ läßt in seiner Besetzung mit Kontrabaß, Klavier und Trommel an Martinu denken. Hier überfällt ein junger Mann ein Juweliergeschäft, wird aber von der Besitzerin durch nervtötendes Gerede zur Verzweiflung und von seiner Tat abgebracht.

Eine jeweils etwas größere Besetzung mit fast konventioneller Orchesterbehandlung haben „Mutter lernt Englisch“ von Georg Graewe und „Ein klares Wort“ von Marc Aurel Floros. In diesen Stücken entsteht die Komik in erster Linie durch die Geschichten.

Musikalisch am eigenwilligsten zeigt sich Jan Müller-Wieland in „Die chinesische Wäscherei“. Seine Besetzung mit Vibraphon, Tempelblock und (Fern-)Trompete entwickelt eine sehr eigene Sprache und unterstreicht aus sich heraus die Geschichte vom unbeholfenen Witwer, der um der neugierigen Nachbarin mit ihren Hilfsangeboten aus dem Weg zu gehen, seine Hemden in die chinesische Wäscherei bringt, dort aber am Fremden scheitert.

Christian SCHULLER hat alle Stücke sorgfältig in Szene gesetzt, und Rupert BURLEIGH bzw. Michael AVERY leiten die Musiker vom Kölner GÜRZENICH-ORCHESTER. Auch die elf Sänger und Sängerinnen werfen sich mit Spielfreude in die jeweils knapp zehnminütigen Stücke.

So bekommt man in Köln also in Zukunft zwei Opern zum Preis von einer. Und das mit ungewohntem Humor, eine Investition, die sich lohnen sollte. KS