„DIE LUSTIGE WITWE“ – 29. Dezember 2002

Im Programmheft konnte man lang und ausführlich lesen, welche Gedanken sich der Regisseur Alexander HAUER über diese tiefere Bedeutung einiger Texte dieser Lehár-Operette gemacht hatte. Glücklicherweise fand nichts davon Niederschlag in seiner Inszenierung. Man hätte sich allerdings auf etwas mehr Tempo, mehr Personenführung und in einigen Fällen auch das Heranführen der Darsteller an so wichtige Fragen wie das pointierte Sprechen oder das sich Bewegen in einer Operettenrolle, konzentrieren können. Jeder macht, was er kann, ist am Lübecker Theater z.Zt. bewährt und funktioniert auch – allerdings eben nicht bei jedem der Akteure.

Besser gelungen waren da Bühnenbild und Kostüme. Minimalismus muß gelernt sein. Die Ausstattung dieser Inszenierung zeigte wieder, daß Michael GODEN dies meisterlich beherrscht. Mittelpunkt war eine Treppe mit mehreren Auf- bzw. Abgängen, frei von weiteren Kulissen auf der Drehbühne montiert und somit von allen Seiten bespielbar. Und Camille de Rosillon bekam für seine Liebeserklärung einen prachtvollen Sternenhimmel, der fast für das jegliche Fehlen von Wolken entschädigte.

Chantal MATHIAS war in der Titelrolle fehl am Platz. Nicht, daß sie die Partie stimmlich nicht bewältigen kann, sie machte zumeist nichts falsch. Es fehlte nur leider an jeglicher Form von Esprit, an Präsenz und an dem so notwendigen Schwung. Sie bewies, daß der Name "Glawari" nichts mit dem Wort Glamour zu tun hat. Auch der Danilo von Thomas MOHR entbehrte jeglichen Charme. Nicht nur, daß er einen Parvenü-Alkoholiker darstellen mußte, ihm fehlte jegliches Auftreten. Gesanglich war er mit der Partie völlig überfordert. Weder war er den Höhen gewachsen, noch konnte er angemessen phrasieren. Wortdeutlichkeit sollte keine Glückssache sein.

In der Rolle des Camille de Rosillon zeigte Patrick BUSERT, daß er keine Höhen fürchtet oder fürchten muß. Bei seiner Liebeserklärung an Valencienne stimmte als einer der wenigen Augenblicke in dieser Vorstellung tatsächlich alles. Natürliches Bewegungstalent und gute Prosa taten ein übriges, um die vollendete Rolleninterpretation abzurunden.

Steffen KUBACH verfügt über Spieltalent und -freude im Überfluß. (Schade, daß das nicht ansteckend ist s.o.). Sein Zeta ist kein alter Trottel, sondern ein selbstverliebter Kerl, der sicher ist, daß seine Frau keine anderen Männern angucken würde, wo sie doch ihn hat. Gesanglich ist er tadellos mit einer vorbildlichen Diktion. Seine angetraute anständige Frau Valencienne war bei Lisa TJALVE in besten Händen. Gesanglich ließ sie einen in jeder Lage wohlklingenden Sopran hören, erteilte darstellerisch in Sachen Charme der Titelrollensängerin eine Lektion und tanzte wesentlich besser als alle anderen weiblichen Darsteller.

Der Njegus, von Ben HECKER übertrieben interpretiert, war eher störend, denn amüsant, während Dimitri GOLOVNIN (St. Brioche), Benno SCHÖNING (Vicomte Cascada) und der schon mehrfach positiv aufgefallene Lars JACOBSEN (Bogdanowitsch) für den notwendigen Schmiß sorgten.

Einer der Höhepunkt der Aufführung war sicherlich die von Zeta angeführte, getanzte Variante des „Weibermarsches“. Höher als diese Herren mit Kubach an der Spitze, kann man die Beine wohl kaum werfen. Den Grisetten fehlte es leider an wirklichen tänzerischen Geschick. Mißlich, daß sie nicht nur in der Darbietung von den Herren übertrumpft wurden, sondern die beste des Auftritts eindeutig Valencienne war.

Das PHILHARMONISCHE ORCHESTER und Ludwig PFLANZ sorgten für den nötigen Schwung und den Beweis, daß Operette nicht in Wiener Walzerseligkeit ertrinken muß, sondern durchaus musikalisch packend sein kann. Der CHOR machte seine Sache im wesentlichen gut, war allerdings an einigen Stellen uneinheitlich und bekleckerte sich beim Tanzen nicht unbedingt mit Ruhm. AHS & MK