AUFTAKT SPIELZEIT 2004/2005 - 12. September 2004

Weshalb die diesjährige Auftakt-Veranstaltung zum Beginn der Spielzeit morgens um 11 Uhr stattfinden mußte, ist schwer nachzuvollziehen. Die Auslastung war jedenfalls entsprechend miserabel. Eigentlich soll eine derartige Veranstaltung ja Lust auf die in der neuen Spielzeit laufenden Stücke machen. Wenn jedoch von den einzelnen Beiträgen sieben schon aus der vergangenen Spielzeit stammen und Wiederaufnahmen darstellen, einer überhaupt nicht gespielt werden wird und lediglich fünf völlig neu sind, fragt man sich schon, wie man einen Eindruck vom neuen Programm erhalten soll. Regelmäßige Besucher dürften die bereits gelaufenen Produktionen bereits in Augenschein genommen haben. Wenigstens einen der „Hits“ aus „Faust“ oder „Adriana Lecouvreur“ hätte man schon erwarten können.

So fing der Morgen schleppend mit Vorspiel und Liebestod aus „Tristan und Isolde“ an, wobei das wenig inspirierte Dirigat von Roman BROGLI-SACHER wenig dazu beitrug, daß die Müdigkeit verschwand. Immerhin spielte das PHILHARMONISCHE ORCHESTER fehlerfrei.

Es folgten drei Arien aus Verdis „Masnadieri“. Gerard QUINN sang eine ausgesucht fesselnde, perfekt phrasierte Arie des Francesco, bei der die Bösartigkeit dieser Figur aus jeder Pore zu strömen schien. Nach meinem Empfinden war die Interpretation sogar noch stärker als in der Inszenierung, vermutlich weil deren Sinnlosigkeit nicht von der gesanglichen Leistung ablenkte. Bei Mario DIAZ wäre man für diese Ablenkung mehr als dankbar gewesen. Seine Carlo-Arie war wie immer gepreßt, von Interpretation war keine Spur zu entdecken. Dies kann man nur dann goutieren, wenn eine Stimme technisch sicher und klanglich schön ist, was beides eben gerade nicht der Fall ist. Mardi BYERS mit der zweiten Amalia-Arie hat die Sommerpause hörbar gutgetan. Waren in den Vorstellungen im Juni technische Schwierigkeiten und eine gewisse Beliebigkeit in der Phrasierung zu hören, sind erstere fast und letztere vollständig verschwunden. Auch das Hascherlhafte ist erfreulicherweise nicht mehr auffindbar. Joe TURPIN unterstützte Sopran und Bariton angenehm als Arminio.

Nach dem „Carmen“-Vorspiel zum vierten Akt wiederholte Chantal MATHIAS ihre von der letzten Spielzeit bekannte Micaela mit warmen Ton und aufblühender Höhe. Trotzdem hätte man gerne auch einmal wieder eine andere Partie von ihr gehört, was dann später als Sandmann mit Augenzwinkern aus „Hänsel und Gretel“ auch erfolgte. Annette PFEIFER und Stefanie KUNSCHKE mischten ihre Stimmen perfekt für einen Abendsegen, der einen garantiert nicht müde werden ließ.

Das neue Ensemblemitglied Andreas HALLER, vor einigen Jahren bereits als Holländer in Lübeck gastierend, machte mit der Gremin-Arie Lust auf mehr. Er verfügt über eine sehr interessant timbrierte Baßstimme, die vielleicht nicht mehr überall gleichmäßig anspringt, doch immer unter Kontrolle ist.

Die leichte Muse wurde durch „Es grünt so grün“ aus der exemplarischen „My fair Lady“-Produktion mit dem bestens aufgelegten Dream-Team Annette Pfeier, Steffen KUBACH und Rainer LUXEM eingeleitet, gefolgt von zwei Ausschnitten aus „Im Weißen Rößl“. Stefanie Kunschke und Patrick BUSERT schafften es gutgelaunt mit „Die ganze Welt ist himmelblau“ auch ein von mir wenig geschätztes Stück von aller Peinlichkeit zu entkleiden.

Der CHOR erfreute mit einem schmissigen „Das ist der Zauber der Saison“. Schließlich gab Steffen Kubach noch einen Vorgeschmack auf „La Cage aux Folles“ mit „Die schönste Zeit“ und bewies wieder einmal, wie sehr er sich für dieses Repertoire eignet. Die meisten Stücke wurden von Ludwig PFLANZ dirigiert, über dessen Vielseitigkeit sich jedes Theater freuen müßte. Er dirigiert Verdi, Humperdinck, Tschaikowsky und die leichte Muse auf gleich hohem Niveau, ohne daß dabei die Spannung einmal nachläßt.

Umrahmt wurde der Morgen von Ausschnitten aus „Verständigungsprobe für Orchester“ mit Simone MENDE, Doris SCHEFER, Martin SCHWARTENGRÄBER und dem unglaublich amüsanten Andreas HUTZEL als Dirigenten, die Lust aufs Sprechtheater machten.

Die Ansagen wurden wie üblich vom Intendanten Marc ADAM getätigt, bei dem man das Gefühl nicht los wird, daß er sich dabei überhaupt nicht wohl fühlt, was dann bestenfalls zu verkrampften Scherzen führt. Vielleicht sollte man überlegen, die eigentlichen Ansagen jemand anderem anzuvertrauen? MK

P.S.: Kann sich eigentlich ein Theater, welches in finanziellen Schwierigkeiten ist und in seiner derzeitigen Existenz bedroht ist, unfreundliches Kassenpersonal leisten? Telefonische Fragen nach Besetzungen werden fast schon pampig nicht beantwortet.

Zudem sollte einmal darüber nachgedacht werden, ob nicht das Bestellsystem überholt ist. Überweisungen oder Kreditkartenzahlungen bei telefonischer Bestellung von außerhalb sind nicht möglich, Diskussionen, daß man die bestellten Karten auf jeden Fall abholen wird, sind an der Tagesordnung. Sorry, aber zumindest ich habe keine Schecks mehr; zur Absicherung tragen diese ja auch nach Wegfall der Garantiesumme bei Euroschecks auch schwerlich noch bei.