"DIE FLEDERMAUS" - 27. Januar 2007

Es gibt wenig, was an der Regie von Wolf WIDDER bemerkenswert ist. Da ist nichts, worüber man sich aufregen kann, aber auch nichts, was einem in Erinnerung bleibt. Das Stück spult ab, die Darsteller tun halt, was sie können, aber eine Form von Konzept oder durchgehender Personenregie ist nichts spürbar. Die Ausstattung von Eisensteins Wohnung (Bühnenbild Sibylle SCHMALBROCK) ist in der Farbgebung etwas sehr geschmacklos, die Bar hinter dem Stilleben allerdings eine hübsche Idee. Der Ballsaal bei Orlofsky mit den zahlreichen Alkoven und den offenbar dahinter ablaufenden Orgien stört nicht. Ein Klasseeinfall ist hingegen die offene Verwandlung vom Ballsaal in das Gefängnis, welches zudem sehr echt wirkt.

Die Kostüme von Pierre ALBERT sind kleidsam; lediglich die von Adele fallen aus dem Rahmen. Schwer vorstellbar, daß Rosalinde jemand, der so herumläuft, beschäftigen würde bzw. daß sie ein Kleid besitzt, wie jenes, das Adele für den Ball entwendet. Absolut verzichtenswert die Choreographie von Pascale CHEVROTON, die in ihrer Einfallslosigkeit nur dadurch noch schlimmer wird, daß die sechs Tänzer sie nicht tanzen können.

Matthias GRÄTZEL ist als Eisenstein eine Ohrenpein. Die Stimme ist grell und schneidend, was in der Höhe noch schlimmer wird, als es eh schon ist. Sie entbehrt jeglichem Reiz. Zudem scheint er Komik mit planlosem Herumgezappel zu verwechseln, doch Zappeln allein ist nicht komisch. Dem gleichen Irrtum unterliegt auch Andrea STADEL als Adele. Auch bei ihr liegt stimmlich einiges im Argen, insbesondere in den Spitzentönen wird der Sopran dünn und bekommt einen leicht jaulenden Beiklang.

Doch letztendlich blieben dies die einzigen Ausfällen. Ines KROME als Rosalinde schafft es spielend, Witz (speziell als ungarische Gräfin) zu verbreiten, ohne dabei aufdringlich zu überziehen. Ihre Stimme ist für Operette ungewohnt groß und weitschwingend, es macht Freude ihr zuzusehen und - zuhören. Weswegen sie jedoch Eisenstein geheiratet hat, anstatt lieber bei dem Alfred von Patrick BUSERT zu bleiben, bleibt ein Geheimnis. Der Sänger hat sichtlich Spaß daran, einen leicht überdrehten Tenor zu spielen. Gesanglich ist er, wie immer in der Operette, die durch exzellente Opernsänger ja nur gewinnt, absolut unanfechtbar. Sehr neckisch sind übrigens die Söckchen, die er artig anbehält, als er sich in Eisensteins Morgenmantel wirft.

Andreas HALLER offenbart als Frank eine uns bisher unbekannte, aber erfreulich komische Ader, insbesondere, wenn er im dritten Akt vom Ball kommt. Er sollte häufiger Operette machen, seinem König Heinrich am folgenden Abend bekam dies ausgezeichnet. Michael SCHEIDL als Frosch wirkte frisch, sehr echt als alkoholisierter, Wiener Grantler und konnte sogar der uralten Komikernummer mit dem Hut noch neue Nuancen abgewinnen. Die aktuellen Pointen schienen allerdings ein wenig aufoktroyiert.

Steffen KUBACH (Falke) machte die erlittene Demütigung gut sichtbar, indem er auf den ersten Blick wie ein distinguierter Herr wirkte, um dann gelegentlich den Lebemann aufblitzen zu lassen und zu keiner Sekunde zweifeln ließ, daß er der Fädenzieher der Intrige ist. Stimmlich ist er in der leichten Muse immer eine Bank. Als Gast sang Gritt GNAUCK den Orlofsky. Seit ihrer Hamburger Zeit ist die Stimme enorm gewachsen und klingt jetzt voll mit individuellem Timbre. Den jungen, gelangweilten Fürsten nimmt man ihr auch ohne weiteres ab.

Christian HEES (Blind) hatte - bei einem solchen Mandanten - mein Mitgefühl auf seiner Seite, Imke LOOFT als Ida stahl ihrer Schwester sowohl gesanglich als auch darstellerisch die Show, und David WINER-MOZES als Ivan versuchte vergeblich, komisch zu sein.

Wer einmal Ludwig PFLANZ hat Operette dirigieren hören, muß eigentlich für jeden anderen Dirigenten in diesem Repertoire verdorben sein. Da ist soviel Schwung, soviel Tempo im Graben, daß dieser Kunstform jegliches Klischee von betulicher Walzerseeligkeit ausgetrieben wird. Das PHILHARMONISCHE ORCHESTER macht dies problemlos mit und der CHOR, hübsch individuell kostümiert, ist mit Spielfreude dabei. MK