"SIEGFRIED" - 26. Dezember 2009

Ein erneuter Besuch am 2. Weihnachtsfeiertag brachte nun auch die stimmliche Begegnung mit Jürgen MÜLLER, der den Siegfried in der Premiere ja krankheitsbedingt nur hatte spielen können. Mir ist es nach diesem Abend unklar, warum der Sänger bisher keine Karriere an internationalen Häusern gemacht hat. Die einzige Erklärung wäre, daß das Volumen möglicherweise denn doch nicht für die ganz großen Säle reicht. In Lübeck jedenfalls kommt er mühelos über das auch dort nicht nur säuselnde Orchester. Und rein gesanglich wüßte ich im Moment nur wenige Tenöre, die den Mordspart so ehrlich aussingen. Faszinierend die Selbstverständlichkeit, mit der Müller seinen hellen, angenehm timbrierten Tenor drei Akte lang auf Linie führt; keine unnötige Kraftmeierei, kein Mogeln mittels Sprechgesanges oder zwischenzeitlicher Sparversion, alles ist wirklich gesungen - und am Ende kommt die Höhe so sicher wie im 1. Akt (wobei die Bayreuther Stunden-Pause nach dem zweiten Akt natürlich von Vorteil ist). Ein zusätzlicher Aktivposten ist zweifellos die ausgezeichnete Diktion, man versteht jedes Wort. Was vielleicht noch ein bißchen fehlt sind die Farben, die poetische Lyrik im Waldweben, aber das verschlägt im Gesamtbild nur wenig.

Deutlich verbessert gegenüber der Premiere hatte sich für meine Ohren die Brünnhilde von Rebecca TEEN, die kräftig sowohl an der dynamischen Variabilität als auch an der Aussprache gearbeitet hatte.

Die restliche Besetzung hielt ihren hohen Standard aus der Premiere (siehe Kritik dort) und auch das Orchester demonstrierte wieder, wie hoch der Standard in Lübeck inzwischen geworden ist. HK