LIEDERABEND GERARD QUINN - 10. Januar 2010

Daß er ein grandioser Opernsänger ist, hat der schottische Bariton Gerard QUINN in zahlreichen Aufführungen am Theater Lübeck bereits unter Beweis gestellt. Nach einem eindringlichen Ausflug ins Oratoriumfach ("Elias") zeigte er nun eine neue Facette als Liedinterpret, die ob der widrigen, für Norddeutschland ja nahezu alpinen Witterungsverhältnisse, der Musikwelt fast verborgen geblieben wäre. Veranstaltet wurde der Abend von den Musikfreunden Lübeck im bedauerlich schlecht besuchten Kolosseum, welches allerdings weniger zugig, dafür geringfügig kleiner als das Original sein dürfte.

Auf dem Programm standen im ersten Teil deutsche Lieder von Schubert, Schumann, Beethoven, Wolf und Strauss, während Gerard Quinn im zweiten Teil Stücke von Stefano Donaudy, Duparc, Ravel, Frank Bridge, sowie ein schottisch-irisches Medley, bei dem er sich sichtlich wohl fühlte, sang.

Quinn erwies sich einmal mehr als jemand, der es versteht, einem Stück eine ganz eigene Note mitzugeben. "Zueignung" habe ich noch nie mit einem solch melancholischen Unterton gehört. "Don Quichotte à Dulcinée" von Ravel ertönte mit einer superben augenzwinkernden Tristesse (weitere Ausflüge ins französische Fach sind unbedingt wünschenswert!). Doch es sind nicht nur die ernsten Lieder, in denen er seine große Klasse unter Beweis stellte, auch in den eher heiteren, wie in Beethovens wundervoll schalkig zu Gehör gebrachtem "Flohlied", konnte er mit seinem balsamischen Ausnahmeinstrument vollkommen überzeugen. Die Bandbreite seiner Ausdruckskraft scheint schier unermeßlich zu sein...

Unter den vier Zugaben fanden sind u.a. "Nemico della Patria", dem er in Anbetracht des fehlenden Orchesterapparats noch mehr Nuancen abgewinnen konnte, als er in der hiesigen Produktion gezeigt hat, sowie eine hinreißend subtile Version von "When I was a rich man" aus "Anatevka". Er wird doch nicht jetzt auch noch Musicals singen?

Mira TEOFILOVA begleitete Gerard Quinn durchweg kompetent, wenngleich ich mir einige Solo-Passagen etwas mehr ausgekostet gewünscht hätte, insbesondere die Schlüsse waren mir ab und an zu abgehackt. WFS