"The Lighthouse"/"Vom Fischer un syner Fru" - 11. März 2011

Da standen sich zwei sehr unterschiedliche Stücke gegenüber mit Peter Maxwell Davies' "The Lighthouse" und Othmar Schoecks "Vom Fischer un syner Fru". Während es sich bei ersterem um ein durchaus spannendes und - spätestens nach dem Prolog - fesselndes Psychodrama handelt, ist letzteres eher läßlich und auch musikalisch nicht besonders gehaltvoll. Man gewinnt den Eindruck, das ganze Stück hat musikalisch ungefähr zweieinhalb Einfälle, die auch noch auf den Wellen, die der Butt im Wasser bildet, totgeritten werden.

Da variiert Davies schon besser, setzt gegen Atonales in den drei Liedern der Leuchtturmwärter auch melodische Ideen und stellt echte Charaktere auf die Bühne. Das Stück geht auf das mysteriöse Verschwinden dreier Leuchtturmwärter auf einer einsamen schottischen Insel Anfang des 20. Jahrhunderts zurück. Der Prolog schildert die gerichtliche Untersuchung des Vorfalles mit Vernehmung der Besatzung des Versorgungsschiffes, die den leeren Leuchtturm vorfanden, das Stück selbst dann, was auf dem Leuchtturm geschehen sein mag. Die Oper bietet keine endgültige Lösung des Rätsels, suggeriert jedoch, daß die Leuchtturmwärter sich gegenseitig so sehr in den Wahn getrieben haben, daß sie sich gegenseitig oder selbst umbrachten, und die Leichen dann von der Besatzung des Versorgungsschiffes ins Meer entsorgt wurden, um Aufsehen zu vermeiden.

Ein echter Psychothriller also, der nur leider nicht wirklich szenisch stattfand, denn die Bühne von Stefan HEINRICHS, die oben eher einer Ölbohrplattform ähnelte, und unten echtes Wasser hatte, durch das die Sänger waten und in dem sie sich manchmal auch wälzen mußten, ließ keine Stimmung aufkommen. Teilweise war es in der unteren Etage so dunkel, daß man kaum etwas erkennen konnte, sondern nur das Platschen des Wassers hörte. Regisseurin Waltraud LEHNER schien auch nicht wirklich zu wissen, was sie eigentlich erzählen will. Da sind die Leuchtturmwärter durch Schatten ihrer Vergangenheit gedoppelt, aber man hat nicht den Eindruck, daß hiermit wirklich etwas angefangen wird. Statt zu zeigen, wie drei Personen, die sich nicht wirklich etwas zu sagen haben, durch Enge und Einsamkeit immer weiter in den Wahnsinn abdriften, rätselt man teilweise an Sinn und Zweck der Personenregie

Die drei Sänger, die sowohl die Leuchtturmwärter als auch die Besatzung des Versorgungsschiffes verkörpern, leisteten hingegen großartige Arbeit. Dank ihrer findet das Stück entgegen der wenig inspirierten Regie auch statt. Patrick BUSERT glänzt mit seinem Solo, was zunächst als wunderschöne britische Liebesballade erscheint und sich am Ende doch vielleicht als etwas anderes herausstellt. Inzwischen bin ich davon überzeugt, daß der Tenor so gut wie alles glaubwürdig darstellen kann, auch wie hier einen am Abgrund zwischen erlaubter und verbotener Liebe taumelnden sowie vom Wahn verfolgten Charakter.

Steffen KUBACH hat als Blazes ein paar fies-exponierte Töne im Falsett zu singen, und erzählt in einer einem Trinklied nachempfundenen Arie die gruseligen Einzelheiten seines als Kind begangenen Mordes. Er findet dabei exakt den richtigen Ton zwischen jovialem Kumpelton und darunter brodelnder Grausamkeit, so daß es einem kalt den Rücken herunterläuft.

Andreas HALLER ist als religiöser Fanatiker Arthur ein wenig als eine Mischung zwischen Seebär und alttestamentarischer Prophet gezeichnet, und beim Darstellen von Fanatikern läuft er immer zu Hochform auf. Da fallen auch ein oder zwei Intonationsunsicherheiten nicht mehr ins Gewicht, wenn das Porträt insgesamt so stimmig ist.

Von mir aus hätte der Abend nach "The Lighthouse" zuende sein können. Das Märchen "Vom Fischer un syner Fru" hatte es mir schon als Kind nicht sonderlich angetan. Die Inszenierung von Waltraud Lehner tat nichts dazu, mir diesen Stoff näher zu bringen. Auf einer sich rastlos drehenden Bühne bewohnen der Fischer und seine Frau offenbar ein Sofa auf einer Müllkippe, welches auch später ihre Wohnstatt bildet, als sie ein Schloß erhalten haben. Der Text ist plattdeutsch, klingt jedoch teilweise beim Singen nicht sehr authentisch.

Insbesondere Daniel SZEILI als Fischer kämpfte mit Sprache und vor allem den Höhen der Partie. Da klangen etliche Töne dünn und angestrengt, was auch nicht wirklich dazu beiträgt, Begeisterung für das Stück zu entwickeln. Anne ELLERSIEK als seine Frau macht mehr aus der Partie, als eigentlich in dieser steckt. Sie singt tadellos und müht sich erfolgreich, dieser törichten Figur so etwas wie Leben einzuhauchen. Aus dem Orchestergraben singt Andreas Haller den Butt mit profonden Baßtönen und hörbarer Genervtheit, je unverschämter die an ihn herangetragenen Wünsche werden.

Dirigent Ralf LANGE könnte man sich ohne weiteres auch im gängigen Repertoire vorstellen, denn er leitete den Abend umsichtig und sängerfreundlich. Er schaffte es auch, nach der Pause wenigstens im Graben die Spannung zu halten, als sich diese vom Geschehen auf der Bühne nicht wirklich einstellen wollte. Das PHILHARMONISCHE ORCHESTER klang erfreulicher als bei den letzten Begegnungen. MK