Foto: Wilfried Hösl

Jean Pierre PONNELLE ist bekannt für seine gefälligen und humorigen Inszenierungen. Daß jedoch eine 20 Jahre alte Inszenierung fallweise gebrechlich wirkt, ist durchaus legitim, tat aber dem Erfolg der Aufführung keinen Abbruch. Das Publikum raste vor Begeisterung, und der Applaus schien nicht enden zu wollen. Es gab sogar 2 x eine Draufgabe: "drupo,. drupo" das Ensemble, ohne Orchester - Stimmen pur. Angesetzt von Doyen Enzo Dara, der selbst viel Spaß an dem Abend hatte.

Als Besucher hat man hier wirklich beglückt das Haus verlassen und ließ man gerne und freudig den Abend im Kopf nochmals abspulen. Es gab zwar stimmlicherseits kleine Schwachstellen, diese konnten aber durch Kommödiantik und guten Ausdruck wett gemacht werden.

Der Star des Abends war natürlich Cenerentola (Cecilia BARTOLI), und ihr Erfolg war durchaus gerechtfertigt. Ich hatte sie bislang noch nie in einer Opernrolle auf der Bühne erlebt und es ist mir daher erst jetzt klar geworden was ihre Faszination ausmacht, sie hat neben der gutgeführten Stimme auch entsprechende Ausstrahlung.

Don Ramiro, der Prinz war in einer superben Klangpracht von Raul GIMENEZ zu hören. Ich schätze an diesem Sänger nicht nur seine sicheren Höhen, mehr noch faszinieren mich seine Legatobögen und die Piani sowie die faszinierend klare Diktion. Ein strahlender Prinz, dem man auch in der Verkleidung des Bediensteten durchaus erliegt.

Alidoro, Philosoph und Drahtzieher des Märchens Eike Wilm SCHULTE, zwar etwas behäbig in der Darstellung verfügt aber über stimmlich guten Ausdruck und volles Volumen. Dandini, Kammerdiener des Prinzen Alberto RINALDI beherrscht die Rolle voll und ganz, setzt seine gut geführte Stimme wohldosiert ein.

Enzo DARA, der Erzkomödiant und Senior der Truppe muß es sich gefallen lassen : seine Stimme ist nicht mehr das, was sie einmal war . Es gab Aussetzer, die er aber als Routinier natürlich zu kaschieren wußte. Seine Darstellung bis ins kleinste Detail köstlich amüsant.

Julia REMPE und Helena JUNGWIRTH brachten die schlechten Charaktere der beiden Schwestern Tisbe und Clorinde gut zum Ausdruck und konnten auch gesanglich (wenn auch nicht stimmschön) bestehen.

Das Orchester stand unter der Leitung von Adam FISCHER, der gut führte und die Sänger von Note zu Note trug und so ebenfalls wesentlich zum Erfolg der Aufführung beitrug. Ein wirklich herrlicher Abend und von dieser Sorte hätte ich gern wieder mehr in Wien.

Wir hätten ja durchaus gute Grundvoraussetzungen. Warum klappt es dann nicht? Ein Schwalbe macht noch keinen Sommer, ein Star keinen brillanten Opernabend. Es muß mehr auf Ausgewogenheit geachtet werden, der Zuhörer muß mehr an Harmonie empfinden, mehr miteinander anstatt nebeneinander. Muß man als Wienerin nach München reisen, um in den Genuß eines schönen Opernabends zu kommen?

Noch ein Faktor der vermutlich am Erfolg mit beteiligt ist , das Publikum im ausverkauften Haus bestand meinem Eindruck nach zu 90% aus heimischen Zuschauern und lebt mit. Bei uns hingegen sind wir bestenfalls bei 60:40 und davon meist 30%Touristen, die den Opernbesuch ohne musikalisches Empfinden konsumieren müssen (auch bedingt wollen, das gehört bei einem Wien Besuch dazu), und es kommt keine Stimmung auf. Auch das Publikum muß mitarbeiten am Gelingen eines Abends. EH