"LE NOZZE DI FIGARO" - 13. Oktober 2002

Die Inszenierung von Dieter DORN ist nunmehr fünf Jahre alt, so daß sicherlich von den ursprünglichen Intentionen des Regisseurs nicht mehr allzuviel übrig sein dürfte. Jeder tut halt das, was er kann, wodurch das unterschiedliche darstellerische Talent der Sänger sehr zu Tage tritt. Das Bühnenbild von Jürgen ROSE ist ein mit wenigen Versatzstücken gefüllter, weiß ausgekleideter Raum, mit mehreren Türen, von denen an diesem Abend einige klemmten. Für das letzte Bild ist der Raum völlig leer, abgesehen von einigen Laken, unter denen sich die Sänger zu verstecken haben. So wirklich entsteht in diesem Moment weder Atmosphäre, noch erscheint es praktikabel, daß versteckte Personen nicht entdeckt werden. Sehr gut hingegen die Gerichtsszene, die tatsächlich etwas vom Ambiente eines Gerichtsflurs während des Wartens aufs Urteil hatte. Die Kostüme (auch Jürgen Rose) waren immerhin kleidsam.

Von den Hauptrollen konnte man an diesem Abend restlos glücklich nur mit Braut und Bräutigam werden. Als Susanna bot Alison HAGLEY eine resolute, junge, emanzipierte Dame, die genau weiß, was sie will. Die eigenwillig timbrierte Stimme paßt zu dieser Interpretation ausgezeichnet; technisch gibt es keinerlei Probleme, so daß es Spaß macht, ihr zuzuhören und -zusehen. An ihrer Seite als Figaro Lucio GALLO, der trotz dramatischeren Repertoires noch immer weiß, wie man Mozart singt, aber durchaus an passender Stelle seinen Verdi-Bariton aufblitzen läßt. Hier ist insbesondere erwähnenswert"Aprite un po' quegl'occhi". Darstellerisch war er unumstrittener Star des Abends, gönnte sich keine Schonung, der leeren Bühne Leben einzuhauchen. Sein nacktes Entsetzen ob Bartolos Vaterschaft war zwerchfellerschütternd.

Das gräfliche Paar, auf dem Papier hochkarätig besetzt, konnte hier nicht wirklich mithalten. Melanie DIENER als Gräfin blieb sehr allgemein, sie vermochte kaum zu rühren. Bedenklich stimmte ihre Höhe, die speziell bei "Dove sono" arg flackerte. Simon KEENLYSIDE als Graf sang sehr gepflegt und sehr langweilig. Da gab es in der Arie keinen Wutausbruch, keine Emotionen. Ihm fehlte es an dem herrischen Element, mehr oder weniger dekorativ in der Gegend herumstehen ist nicht genug.

Cherubino Monica BACELLI machte darstellerisch nichts verkehrt, konnte aber auch keine wirklichen Akzente setzen. Gesanglich war es ähnlich, wobei sich einige unschöne Töne vernehmen ließen. Tiziana TRAMONTI piepste sich durch die Marcellina, ohne Eindruck zu hinterlassen. Letzteres gelang hingegen Artur KORN als Bartolo. Er hinterließ einen schlechten Eindruck, wirkte abgesungen und intonationsunsicher.

Bei den kleinen Partien fiel Julia REMPE als Barbarina mit hübschem Sopran auf. Ulrich REß (Basilio) machte stimmlich positiven und darstellerisch einen überaus positiven Eindruck, Kevin CONNERS als Don Curzio zog alle Register des Stotterns. Indiskutabel hingegen Alfred KUHN als Antonio mit schlechtem Italienisch und unschöner Tongebung.

Dem CHOR DER BAYERISCHEN STAATSOPER gelang es, bei der Erledigung der kleinen Aufgabe, nicht so negativ aufzufallen, wie am Abend zuvor. Das BAYERISCHE STAATSORCHESTER war hingegen wiederum bei den Bläsern erschreckend unsicher. Zubin METHA leitete den Abend souverän, hielt die verschiedenen Temperamente auf der Bühne gut zusammen. Er schöpfte aus dem Vollen, versuchte gar nicht erst, einen übertrieben schlanken Klang zu schaffen, sondern ließ mit Lust musizieren. MK