„SALAMMBô“ - 14. November 2003

1863 in einer Männer-WG in St. Petersburg. Die Lieblingslektüre der Bewohner ist der gerade erschienene blutrünstig schwüle Roman „Salammbô“ von Gustave Flaubert. Einer der Bewohner ist der vierundzwanzigjährige Modest Mussorgsky, der sofort entscheidet, diese Geschichte zu seiner ersten Oper zu machen. Ganz nach Laune beginnt er mit dem Komponieren einzelner Szenen, ohne einen größeren Plan. Nach zwei Jahren allerdings läßt er das Projekt fallen und nimmt es nie wieder auf. Statt dessen finden sich einzelne Teile später in seiner Oper „Boris Godunow“ wieder. Es ist nie ganz geklärt worden, warum Mussorgsky nicht weiter schrieb.

Szenisch kann man heute nicht wirklich darum trauern, denn die Geschichte um die Priesterin Salammbô und ihren geraubten Schleier im Karthago kurz nach dem ersten Punischen Krieg wäre selbst mit heutigen bühnentechnischen Mitteln nur schwer zu inszenieren. Trotzdem machte sich Zoltán Peskó 1980 an eine konzertante Bearbeitung und drei Jahre später sogar an eine szenische Aufführung. Auf seiner Grundlage hat nun wiederum der russische Komponist Vjaceslav Nagovitsin eine erneute Bearbeitung gemacht, in die er z. B. Lieder von Mussorsgky einarbeitete, und die nun zum ersten Mal (zum Glück konzertant) in München zu hören war.

Am Pult stand dabei kein geringerer als Mstislav ROSTROPOWITSCH, dem es mühelos gelang, das SYMPHONIEORCHESTER DES BAYERISCHEN RUNDFUNKs für dieses Werk zu begeistern. Und nicht nur sie.

Mit den hervorragenden Solisten, allen voran Irina MAKAROVA als Salammbô (ihre Marfa muß ein Traum sein), Michail DIAKOV als schleierraubender Mâtho, Stanislav SULEIMANOV als Oberpriester und Sergey SHEREMET als Mann von den Balearen waren die Stimmen eindrucksvoll besetzt, was wiederum die Zuschauer mit ausdauerndem Beifall bedachten.

Auch der CHOR DES BAYERISCHEN RUNDFUNKs (Einstudierung: Udo MEHRPOHL) und die AUGSBURGER DOMSINGKNABEN (Einstudierung: Reinhard KAMMLER) trugen zu diesem Genuß bei.

Schon in diesem Fragment ist der große Mussorgsky ganz bei sich, und eine konzertante Aufführung wie hier, ab und an, wäre sicher ein Gewinn für das Opernrepertoire. KS