„PARADISI GLORIA“ - 19. Dezember 2003

Immer noch unter dem Motto „Altes Testament und Psalm“ gab es diesmal zu beiden Themen je ein Werk.

Den Beginn machte die Vertonung des 130. Psalm „Du fond de l’abîme“ der viel zu früh verstorbenen Lili Boulanger. Das zwischen 1911 und 1917 entstandene Werk zeigt die große Souveränität der zu Beginn der Arbeit weit unter zwanzigjährigen Komponistin. Nicht nur erlaubt sie sich textlich in die biblische Vorlage einzugreifen, sondern besonders beeindruckt ihre Fähigkeit durch die Stimmen und die Musik, die Stimmung des Textes zu potenzieren. Die Darstellung der Zerrissenheit zwischen Todesangst und immer wieder Hoffnung muß der schwer kranken Komponistin aus tiefstem Herzen gekommen sein. Das sie dabei auch die musikalischen Mittel beherrscht bis hin zu einem Aufschrei, der die Akustik der Herz-Jesu-Kirche fast sprengt, gibt dem Stück für Alt (Birgitta SVENDÉN), Tenor (ein kurzer Auftritt für Daniel KIRCH), Chor und Orchester seine Eindrücklichkeit. Der CHOR DES BAYERISCHEN RUNDFUNKS war leider im Französischen nicht so textverständlich wie sonst gewohnt, aber Gustaf SJÖKVIST leitete das MÜNCHNER RUNDFUNKORCHESTER in sicherem Zusammenklang der Protagonisten.

Das alte Testament war vertreten durch die Lebensgeschichte Moses’, ein Oratorium für Soli, Chor und Orchester des Schweden Sven-David Sandström. Dieses 1997 zur 300-Jahr-Feier des Osloer Doms uraufgeführte Werk, zeigt den Lebensweg Moses’ in zwölf Stationen. Das Stück überzeugt im Zusammenklang von Stimmen und Musik, besonders wenn die fünf Solisten (strahlend innig: Jeanette KÖHN; Birgitta Svendén, Daniel Kirch, Karl-Magnus FREDRIKSSON und Paolo BATTAGLIA) im Ensemble singen oder der Chor in der Szene des brennenden Dornbuschs beschwörende Formeln intoniert. An diesen Stellen ist das Stück von beeindruckender Dichte, die leider nicht über die gut eine Stunde der Aufführung anhält. Zudem wirkt das englische Libretto (Text: Eyvind Skeie) stellenweise hölzern und geht nicht allen Sängern leicht über die Lippen.

Ein sehr heterogenes Konzert also als Abschluss, bevor im neuen Jahr das Motto „Apokalypse“ die nächsten Konzerte der Paradisi Gloria prägen wird. KS