MADERNA, RESPIGHI u.a. - 7. Oktober 2004

Wenn sie den Preis für das beste Saison-Programm nicht vor kurzem bereits erhalten hätten, sie müßten ihn jetzt bekommen. Beim ersten Konzert ihrer „Italienischen Saison“ hat das MÜNCHENER KAMMERORCHESTER unter ihrem Chefdirigenten Christoph POPPEN gezeigt, mit welcher Tiefe man Konzertprogramme gestalten kann. Und leicht machte man es den Zuhörern nicht, aber genießen durfte man trotzdem. Denn mit einem Giacinto Scelsi das Programm zu beginnen und vor der Pause gar noch einen weiteren zu bringen, dazu gehört Mut und großes Vertrauen in die Abonnenten. Der italienische Adelige, der einige Zeit in der Nervenheilanstalt verbrachte und der Musiker engagierte, die seine mitgeschnittenen Improvisationen zu Papier brachten, ist selbst für das geschulte Ohr nicht immer einfach. Sowohl sein „Natura Renovatur“ für 11 Streicher von 1967 wie auch sein „O-HO-I“ für 16 Streicher von 1966 bieten kaum Gelegenheit, die vorgezeichneten Linien zu verfolgen.

Dazwischen allerdings fand man Morgengrauen und Sonnenuntergang vor, die zum reinen Genuß wurden. „Alba (Morgengrauen) für Mezzosopran und Orchester“ des siebzehnjährigen Bruno Maderna zeigt die erstaunliche Tiefe eines jungen Mannes um diesen Text zwischen Tod und Erwachen. Monica GROOP gestaltete das Material mit der stimmlichen Klarheit eine kalten Morgens und der Weichheit des versöhnlichen Endes, wenn der Tag wieder einmal gesiegt hat. Dabei nimmt sie Musik und Text unbedingt ernst, was die Eindringlichkeit erst hervorhebt. Und gleiches gelang ihr auch bei „Il Tramanto“ (Sonnenuntergang) von Ottorino Respighi. Dieses sehr romantische Gedicht nach Percy Bysshe Shelley fand in ihr eine liebevolle, gewinnende Interpretin. Hiernach möchte man Frau Groop doch öfter in München hören, als das zu Zeit der Fall ist.

Nach der Pause gab es „Liturgia für Streichorchester“ von Frank Michael Beyer. Dies war der einzige Punkt an diesem Abend, dessen Sinn sich nicht erschloß. Es ehrt das Kammerorchester, sich vehement für die Musik lebender Komponisten einzusetzen, aber hier zerbrach das Konzept des Abends, und das Stück wurde zum Störfaktor. Schade.

Den krönenden Abschluss brachte dann ein Russe, nämlich Piotr Tschaikowsky mit seinem „Souvenir de Florence“. Obwohl Tschaikowsky hier russischer klingt als in vielen anderen Werken, es wird viel getanzt in Florenz, aber eben russisch, brachte das Werk einen lebendigen Schlußpunkt in dieses erste Konzert der Saison und machte neugierig auf die weiteren Programme. KS