"LA BOHÈME" (konzertant) - 17. April 2007

Als ein kostenträchtiges Monumentalevent könnte man diesen Abend bezeichnen (Kartenpreise um die 350 Euro - schon das Programmheft kostete 12 Euro). Und trotz der hohen Kartenpreise waren die zunächst zwei geplanten Aufführungen schon nach einer Stunde Vorverkauf ausverkauft, so dass man diese 3. Vorstellung noch zusätzlich einschob nebst einer ebenso überteuerten öffentlichen Generalprobe.

Man verpflichtete für dieses erprobte Verismo-Opernwerk von Puccini zwar hochkarätige Gesangssolisten neben dem derzeitigen "Traumpaar" der Opernbühne Anna NETREBKO und Rolando VILLAZON und das durch seine Klangfülle weltbekannte SYMPHONIEORCHESTER DES BAYERISCHEN RUNDFUNKS, aber, war das nicht zu viel des "Guten"?

Bertrand de BILLY führte Orchester und Solisten mit routinierter Stabführung durch den Abend, forcierte aber stellenweise bei der Sängeruntermalung, oder lag das daran, daß man dieses klangstarke Orchester direkt hinter die Solisten postierte? Dort hatte man mit Erkrankungen zu kämpfen, so besetzte man den Marcello anstelle des erkrankten Mariusz Kwiecien mit Boaz DANIEL (eine bewährte großartig artikulierende Baritonstimme), der zunächst für den Schaunard vorgesehen war. Für ihn sang sehr präzise nach der Partitur der kurzfristig herbeigeholte Stephane DEGOUT, dessen gepflegten Bariton man gerne in München wiederhören möchte.

Aufhorchen ließ ebenfalls die Sopranistin Nicole CABELL, die eine best gezeichnete Musetta auf das Konzerpodium brachte. Auch Vitalij KOWALIOW als Colline erfüllte alle stimmlichen Voraussetzungen für seine Charakterrolle, die er besonders in der sog. "Mantelarie" ausleben konnte. Die weiteren ins Handlungsgeschehen eingefügten Partien waren gut gewählt, wie Tiziano BRACCI als Benoit,.Alcindoro und Zöllner, Kevin CONNERS (besonders beeindruckend die tenorale Höhe in den beiden Einsätzen) als Parpignol, Theodor WEIMER als Straßenverkäufer und Gerald HÄUSSLER als Sergeant.

Das Kind wurde von Nicola von der LANA (ein ca. vierjähriger Junge) gesungen, dem die Herzen des Publikums beim Schlußbeifall zuflogen. Der KINDERCHOR DES STAATSTHEATERS AM GÄRTNERPLATZ, einstudiert von Verena SARRÉ nebst dem CHOR DES BAYERISCHEN RUNDFUNKS unter der Einstudierung von Udo MEHRPOHL rundeten den Abend werksgerecht gekonnt ab.

Zu den Publikumsmagneten: Anna Netrebko, von Escada gedresst in blendender Erscheinung, als Mimi setzte sofort voluminös ein, zeichnete aber die die Partie der Todkranken erst im 3. Bild mit der dafür notwendigen Gefühlswärme aus. Erst hier und dann in der Sterbeszene hörte man diese wichtigen rollengerechten piani und bemerkte eine stimmliche Rollengestaltung.

Den Rudolfo sang Rolando Villazon ("che gelida manina") mit äußerster Präzision in den Höhen, wirkte im 3. Bild zurückhaltend (wohl Auswirkungen seiner Krankheit - er mußte deshalb die Generalprobe absagen) und steigerte sich in der Schlußszene gerade in der Rolleninterpretation ungemein. Bei letzterem gehörte ihm der Abend.

Aber - letztlich braucht Puccinis großartiges veristisches Bühnenwerk doch die Opernbühne, auch wenn darin die ganz großen Namen fehlen. Irene Stenzel