"LA PIETRA DEL PARAGONE" - 4. September 2007

Rossini verwöhnt, aus Pesaro kommend, eilte man in den Hubertussaal des Schlosses Nymphenburg, wo desöfteren von der Kammeroper München musikalische Raritäten der Vergangenheit auf die Bühne gebracht werden. So diesesmal eine Komposition , mit dem der zwanzigjährige Rossini mit damals 56 Aufführungen in einem Stück seinen Siegeszug auf den damaligen Opernbühnen angetreten hat, wie uns die Einführung davor berichtete.

Musikalisch wurde man nicht enttäuscht (Arrangement von Alexander KAMPE), ein zwölf Mann-Orchester (musikalische Leitung Oliver TANDY), hier hatte man zur Verstärkung und Vervollständigung der Klangfülle ein Akkordeon (Alexander KURALIONOK) hinzugezogen, das für eine klangschöne Rossini-Interprätation dadurch sorgen konnte.

Leider konnte man sich mit der deutschen Testfassung und Bearbeitung des Librettos von Luigi Romanelli durch Dominik WILGENBUS, der auch die Regie hatte, nicht so recht anfreunden. Die Handlung wurde von Herrn Wilgenbus dem Originallibretto konträr umgeschrieben, dadurch zeichneten sich die Figuren nicht librettogerecht und waren in ihren weißen Kostümen mit ebenso weiß geschminkten Gesichtern auf einem Laufsteg agierend schwer und nur stimmlich auseinanderzuhalten.

Mit der Personenführung konnte man sich auch nicht identifizieren, (die Gesangsleistungen wurden teils am Eingang und inmitten des Publikums dargebracht), und die Requisiten wurden den Protagonisten schon während der Ouvertüre in Form einer umweltfreundlichen Tragetasche überreicht, aus der sie manches nötige Requisit entnehmen mußten. Wieder einmal waren Papierfiguren, teils Jagdtrophäen und ähnliches mit lateinischem Untertitel an den Wänden im Saal angebracht, warum und mit welchem Sinn?

Aus dem sehr einheitlichen Stimmniveau der Protagonisten ragte besonders der Bariton Uwe SCHENKER-PRIMUS als Kritiker heraus, der mit kräftiger Stimmfärbung und Dastellung auch den meisten Schlußapplaus erhielt. Die großen Arien schrieb Rossini erst im 2. Akt, hier konnten Benedikt NAWRAT als der Dichter Jodokus und Dora PAVLIKOVA ihr stimmliches Können gut beweisen.

Der als Rothaariger gekennzeichnete Dramatiker Kleinvieh - dargestellt von Philipp GEISER und als einziger von den anderen zu unterscheiden - und David JERUSALEM als der alles regelnde Kammerdiener des Grafen Fabrizio konnten beide neben guter Stimmverfassung auch ihr schauspielerisches Können einsetzen, während Christian EBERL in der Rolle des Grafen Hasdrubal etwas farblos erschien. Sehr gut Merit OSTERMANN als Marchesa Clarissa, die ihr ausgezeichnetes stimmliches Können bei dieser Bearbeitung nicht so ganz ausleben durfte. Carolin RITTER als Baronin Aspasia sang ordentlich. Alles in allem präsentierten sich die Sänger in einer guten Übereinstimmung der Stimmen in den Terzetten und Ensembles.

Wie sang der Kritiker in seiner Arie im 1. Akt "Wahrheit bringt mich um meine Arbeit" - ich hoffe nicht. Irene Stenzel