"LA DAMNATION DE FAUST" - 18. Januar 2008

Diese von Hector Berlioz konzertant gewollte Légende dramatique en quatre parties in vollendeter Opernform, zu der er auch das Libretto zusammen mit Almire Gandonnière nach Textverwendungen von Goethes "Faust" 1. Teil in der französischen Übersetzung von Gérard de Nerval schrieb, wird leider viel zu selten aufgeführt. Die Ausnahme bildet nur der für ein vorbeiziehendes Heer hineingefügte, aber vom Komponisten vorweg komponierte "Ungarische Marsch", der diese musikalische Rarität glücklicherweise immer wieder in Erinnerung bringt. Berlioz, wie das Programmheft vermittelt, gehörte ohnehin zu den Ausnahmekomponisten der damaligen Zeit, in dem er einen ganz und gar neuen Typus programmatischer, dramatischer Orchestermusik ersann, zu dem er auch noch immer wieder vergebliche Versuche unternahm, sich in Paris als Opernkomponist zu etablieren. Daher gelang es ihm auf seine höchst eigene Weise, Symphonisches mit Oper zu verbinden und hier in diesem Werk zur Vollendung zu bringen.

Diesen Kompositionsgedanken herauszubringen, ist dem SYMPHONIEORCHESTER DES BAYERISCHEN RUNDFUNKES unter der Stabführung von Charles DUTOIT an diesem Abend vollendet gelungen, man war gebannt von der ja so bekannten Handlung von Fausts Verbindung mit Mephisto, der Verführung Margarethes bis zu ihrer Rettung und dem kläglichen Ende ihres Verführers in der Unterwelt, die in hervorragend gefärbter Orchesterinterpretation herüberkam und wieder einmal bewies, daß das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks zu den besten Orchestern der Welt gehört. Charles Dutoit vertrat den Chefdirigenten Mariss Jansons würdigst, er vermochte durch seine sensible Stabführung in den 4 Teilen mit insgesamt 19 Szenen in jeder einzelnen Szene die nötige Vorstellkraft des Geschehens zu vermitteln.

Es waren Solisten mit ausgezeichnetem Stimmaterial verpflichtet, die das Handlungsgeschehen dem Kompositionsgedanken entsprechend bestens nahe bringen konnten. Da Berlioz sich seine Titelfigur als melancholischen, ohnmächtigen, an sich selbst leidenden, in Einsamkeit und Weltschmerz erstarrten Träumer vorstellte, der unfähig ist, Lebensprozesse dynamisch voranzutreiben, ist Gregory KUNDE an diesem Abend mit seinem tenoralen Vortrag die Gestaltung dieser Figur voll gelungen; anfänglich mit einer leichten Zurückhaltung in der Stimme konnte er sich bis zum Schluß enorm steigern, vor allem im grausigen Höllenritt mit Méphistophélès, den der Bariton David WILSON-JOHNSON teuflisch intrigant genug mit viel Färbung in der Stimme interpretierte.

Ruxandra DENOSE als Marguerite, deren "König in Thule"-Lied auch bei Berlioz Höhepunkt des Werkes ist, wurde mit bester Mezzo-Stimmdisposition warm und gefühlvoll gesungen. Auch Yorck Felix SPEER als Brandner rundete mit seiner Leistung sehr gut die Reihe der Solistendarbietungen werksgerecht ab.

Gabriele WEINFURTNER (Stimme im Himmel) nebst dem KINDERCHOR DES STAATSTHEATERS AM GÄRTMERPLATZ, gut einstudiert von Verena SARRÉ, fügten sich sehr gut ein, während der CHOR DES BAYERISCHEN RUNDFUNKS unter der bewährten Einstudierung von UDO MEHRPOHL in allen Szenen eine absolute Höchstleistung erbrachte und ein Extra-Bravo verdient.

Alles in allem ein unvergesslicher Konzertabend in der Philharmonie am Gasteig. Irene Stenzel