"FRA DIAVOLO" - 10. Mai 2008

Schon zu Beginn dieser so selten aufgeführten opera comique wurde man durch Portraits aktueller und historischer Räubergesellen, abgedruckt auf dem Zwischenvorhang, auf das kommende Handlungsgeschehen eingestimmt, das Intendant Dr. Ulrich PETERS selbst in die Hand genommen hat, und das man ruhigen Gewissens als gelungen bezeichnen kann. Diese Rarität von Daniel-Francois-Esprit Auber, das der Komponist in zwei Fassungen schrieb, gesellte sich zu den ebenso gelungenen "I Masnadieri" hinzu. Entpuppt sich das Staatstheater am Gärtnerplatz als spezieller Aufführungsort musikalischer Räubergeschichten?

Welche Fassung nun gespielt wurde, hatte das Publikum in der Pause zu entscheiden, sehr launig zu Beginn der Oper angekündigt vom Schauspieler Thomas PETERS als "Mann vor dem Vorhang", untermalt von den ersten Takten der Ouvertüre, leicht irritiert dadurch leider die musikalische Einstimmung zum Werk.

Da sich das Publikum für die Fassung des Weiterlebens des Banditen Fra Diavolo entschied, kam es am Premieren-Abend zu einer Flucht des Titelhelden mit seiner Angebeteten. Offenbar hat Dr. Peters auch die Todesfassung parat (in der Zeit der opéra comique war das nicht ungewöhnlich), denn der Titelheld, den es wirklich gab, endete 1803 am Galgen. In der in den meisten Operführern abgedruckten Handlung wird der Titelheld am Ende allerdings erschossen. Um sich mit den Räubern der Historie zu befassen, die hauptsächlich in Italien ihr Unwesen trieben, schmökert man am besten in dem sehr gut gestalteten Programmheft.

Die Dichtung von Eugène Scribe, die Ulrich Peters selbst für sein Haus bearbeitet und ins Deutsche neu übersetzt hat, wurde von diesem auch ganz im Sinne einer opera comique des 19. Jahrhunderts inszeniert; manchmal ein wenig zu dick aufgetragen mit zu viel Turbulenz auf der Bühne, aber ansprechend und die Texte mit viel Witz, passend zur Musik Aubers, der zeitgleich mit Rossini, dem Vertreter der ähnlichen opera buffo in Italien, der französischen ursprünglichen Jahrmarktsoper wieder Glanz und Ansehen verschaffte.

Das glänzend disponierte ORCHESTER DES STAATSTHEATERS AM GÄRTNERPLATZ wurde von Thomas KALB feinfühlig ganz im Sinne der Komposition geführt, der bestens für die Einsätze der Protagonisten nach ihren Sprechtexten und des Chors sorgte.

Kostüme und Bühnenbild (Götz LANZELOT FISCHER und Herbert BUCKMILLER) versetzten uns zurück in die Zeit des Originalgeschehens im italienischen Süden, ins Gasthaus in Terracina. Anders als traditionell dürfte man diese Opern gar nicht auf die Bühne bringen. Die Darsteller dafür hatte sich Intendanz Peters gut ausgesucht. Christina GESTERBERGER als unglücklich liebende Wirtstochter Zerline zu dem armen Lorenzo Peter SONN waren Bestwahl, in ihren von Auber für sie komponierten kleinen Arien entsprachen sie voll und ganz den Vorstellungen der Besetzung einer opera comique.

Tilmann UNGER in der Titelrolle, ausgestattet mit einem baritonal gefärbten Tenor, trat in Rolleninterpretation und gesanglicher Disposition etwas verhalten auf, war das wohl das Premierenfieber? Gut gezeichnete komische Typen mit guten werksgerechten Stimmen waren der Lord Kockburn und seine Ehefrau Pamela von Daniel FIOLKA und Rita KAPFHAMMER gesungen, sowie die beiden Räuber Beppo und Giacomo Mario PODRECNIK und Stefan SEVENICH, während sich Christian HÜBNER als der Padrone Matteo nach anfänglichen Schwierigkeiten bis zum Ende rollengerecht durchsetzen konnte.

Die Figur des alten reichen Francesco, an den das junge Mädchen Zerline verheiratet werden sollte, war durch Fritz GRAAS rollengerecht verkörpert. Der Einstudierung des CHORS von Hans-Joachim WILLRICH sei wiederum großes Lob gezollt.

Mit dieser Aufführung hat sich Intendant Peters wiederum, dieses Mal selbst, einen guten Startstempel aufgedrückt, und man kann nur hoffen, daß dies auch in ferner Zukunft so bleiben möge. I.St.