"DIE PIRATEN VON PENZANCE" - 15. Mai 2009

Da ist wohl alles gelungen, Inszenierung (Holger SEITZ), Bühne (Herbert BUCKMÜLLER), Kostüme (Götz Lanzelot FISCHER), Choreographie (Fiona COPLEY). Das so selten gespielte Stück von Arthur Sullivan komponiert - mag es auch als Operette deklariert sein - hat so manche musikalische Stellen, die einer komischen Oper gleichen, wohl schon durch die Bekanntschaft Arthur Sullivans mit Gioacchino Rossini hervorgerufen, den Sullivan sehr schätzte. Herrliche Solis, Couplets und abgeschlossener Chorgesang, gepaart mit Instrumentalsetzung für englische Musikinterpretation - so drang dieses vergnügliche glänzend durchkomponierte Kleinod in die Herzen der Zuschauer, die sich während des ganzen Abends nur amüsieren konnten.

Durch die langjährige Zusammenarbeit mit seinem Texter William Schwenck Gilbert verschmelzen Komponist und Textdichter zu Gilbert & Sullivan, warum, erklärt das wieder einmal sehr informative Programmheft. Die deutsche Überarbeitung des Textes durch Inge Greiffenhagen und Bettina von Leonprechting ist verständlich und handlungsgerecht. Das ganze Werk steht unter dem Zeichen des englischen Humors und spiegelt zusätzlich die Verhältnisse von Arm und Reich in der viktorianischen Zeit Englands wieder. er erste Akt spielt vor einer Karikatur eines Piratenschiffs, bunt und naturgetreu, während der 2. Akt sich auf einer gut nachempfundenen englischen Burgruine tummelte.

So wird ein Kind der noblen Gesellschaft irrtümlich von der dusseligen Kinderfrau Ruth (sehr humorvoll gesungen und interpretiert von Rita KAPFHAMMER) durch einen Hörfehler in einer Piratenschule anstatt in einer Privatschule angemeldet, die dann auch mit ihrem Zögling bei den Piraten geblieben ist und ihn, als er volljährig wurde, also seinen 21. Geburtstag feierte, auch noch heiraten will. Die sehr "gutmütigen" Piraten, die selbst aus Waisenhäusern infolge Kinderarmut der damaligen Zeit in die Piratenriege wanderten, und die deshalb auf ihren Raubzügen auf See und Land Waisenkinder verschonten, mußten nun ihren volljährigen Zögling Frederic (Robert SELLIER mit einer höhensicheren, ausdrucksbetonten und einer weiterführenden Karriere sichernden Tenorstimme) entlassen. Dieser, dem ein unwirkliches sklavenhaftes Pflichtgefühl anerzogen wurde, möchte aus diesem Grund endlich das erlernte Piratendasein an den Nagel hängen und nach Auftauchen des Generalmajors Stanley (Gunter SONNESON in einer bestgezeichneten Studie der von Sullivan musikalisch humorvoll ausgestatteten Couplets, hier besonders das Schnellsprecher-Couplet im 1. Akt) mit seinen vier Töchtern sich sofort in die Tochter Mabel (Thérèse WINCENT glänzend disponiert mit strahlenden höhensicheren Soprankoloraturen) verliebte.

Dies aber wiederum wird durch die Piraten, allen voran dem Piratenkönig (sehr gut gezeichnet und gesungen von Holger OHLMANN), seinem Leutnant Samuel (Florian SOYKA, einem dafür gut ausgewählten Talent aus der Bayerischen Theaterakademie) und dem Kindermädchen Ruth vereitelt, da man plötzlich feststellte, daß Frederic an einem 29.Februar, also in einem Schaltjahr geboren ist, daher seine Volljährigkeit erst mit 84 Jahren eintritt, und er deshalb noch weiter Pirat sein müßte. Der Sklave der Pflicht, der er wieder war, verriet nun auch seinen neuen alten Kumpanen, daß sie der Generalmajor belogen hat, und er gar kein Waisenkind war, sie ihn also zu Unrecht verschont haben.

Die Sache ging, allerdings mit Hilfe der Polizei (wieder einmal eine Beststudie von Martin HAUSBERG als Sergeant mit humorvoller Tanzformation des Männerchors als Persiflage auf die englischen Bobbies) gut aus, am Ende bekamen alle Töchter des Generalmajors (zu Mabel gesellten sich noch die drei weiteren Töchter Frances LUCEY, Sonja LEUTWYLER und Ulrike DOSTAL - alle diese Rollen waren ausreichend besetzt) ihre in sie verliebten Piraten und Polizisten, einschließlich des Hauptpaars.

Die Leistung des CHORs, der wie immer in Bestform antrat, muß hier besonders durch auch gute schauspielerische Qualitäten einiger Chorsänger (Einstudierung Jörn Hinnerk ANDRESEN) spezielle Erwähnung finden. Diesen hochkarätigen englischen Klang bei einem Dirigat herauszuarbeiten, gelang natürlich nur einem Engländer, Anthony BRAMALL, der dadurch das ORCHESTER DES STAATSTHEATERS AM GÄRTNERPLATZ am Gärtnerplatz zu einer Spitzenleistung brachte.

Eine Gratulation wieder einmal dem Intendanten Dr. Ulrich Peters, dieses Werk in dieser Form auf die Bühne bringen. Nur möge man die gehißte Piratenflagge am Dach des Staatstheaters am Gärtnerplatz etwas sichtbarer in den Vordergrund bringen, damit es auch jeder weiß "heute Abend gehen wieder die Piraten um". ISt