"DEATH IN VENICE" - 20. Juni 2009

Venedig ganz ohne Wasser, ohne Strand, ohne gleißendes Licht. Dieses Venedig könnte überall sein, wird es doch in Immo KARAMANs Inszenierung durch einen großen grünen Salon repräsentiert (Bühne Kaspar ZWIMPFER). Der Regisseur baut also nicht auf Äußerlichkeiten, verschenkt die Atmosphäre des Ortes zugunsten einer Konzentration auf die Entwicklung des Dichters Aschenbach, der wie in einem Wirbel den Boden unter den Füßen verliert bis zu seinem Zusammenbruch.

Und hier gelingen durch den gesamten Abend hindurch starke Bilder und Eindrücke. So wird mit dem Raumgefühl gearbeitet, indem sich immer wieder eine kleine hohe Kopie des Salons in den Raum senkt und die Enge in und um Aschenbach verdeutlicht. Auch eindringliche Menschenszenen werden gestaltet, Traumsequenzen mit goldenem Apoll und maskierten dunklen Gestalten. Freud läßt grüßen, wenn die Mutter (Fiona COPLEY) des verehrten Jungen Tadzio (anmutig getanzt von Michael LANGNER), von ihrem Sohn nicht die Finger lassen kann, während sie ihre Töchter kaum eines Blickes würdigt. So ist diese Inszenierung voller feinsinniger Beobachtungen. Aschenbach ist wie ein Spielball in seiner eigenen Geschichte, ein Ball, der auch realiter immer wieder über die Bühne rollt, und den Aschenbach oft aufnimmt aber immer wieder verliert, und der ihm den ersehnten Kontakt zum Jungen auch nicht bringt, die Aussichtslosigkeit seiner neu entdeckten Wünsche und seine Verwirrung nur noch unterstreichend.

Hans-Jürgen SCHÖPFLIN gestaltet die Figur des Gustav Aschenbachs tiefgründig und mit großer Präsenz, und das, obwohl er fast die gesamte Zeit auf der Bühne anwesend ist. Auch gesanglich bietet er eine herausragende Leistung, wenn man vom auffallenden deutschen Akzent absieht, denn auch diese Produktion wird in der Originalsprache gesungen. Deutlich wird die Rolle Aschenbachs als Ausgegrenzter, als Beobachter der Menschen und seiner eigenen Träume in diesen dunklen Bildern. Abgründe, mal schwül, mal karg bis Aschenbach am Ende tot im Sessel zusammenbricht. Eine gefangen nehmende Inszenierung, die auch von den anderen Sängern und Tänzern mitgetragen wird. Besonders überzeugt Gary MARTIN in den vielen Rollen des Traveller, aber auch Holger OHLMANN, Yossemeh ADJEI als lasziver Apoll mit fordernder Höhe oder Florian SIMSON. David STAHL und sein ORCHESTER präsentieren einen klaren, fast kantigen Britten, in dessen letzter Oper, dem jede Sanftheit abgeht. So ergänzt er perfekt die Stimmung der Inszenierung.

Ein weiterer Erfolg für das Gärtnerplatztheater, das nun auf eine rundherum spannende Saison zurückblicken kann. KS