"NARCISSUS UND ECHO" - 3. Juli 2009

Wenn ein Operkomponist sich für einen Stoff für sein Werk entschieden hat, gilt es, die passende musikalische und stimmliche Besetzung zu finden. Benjamin Britten z. B. war ein Meister hierin. Aber auch der Komponist dieser Festspieluraufführung Jay SCHWARTZ hat ein außergewöhnlich gutes Händchen bei seiner Vertonung der Ovidschen Erzählung vom Jüngling Narziss, der die Liebe der Nymphe Echo verschmäht, und damit bestraft wird, sein eigenes unerreichbares Spiegelbild zu lieben.

Schwartz besetzt sein Werk nur mit Countertenor, Viola, Schlagzeug und Orgel. Heraus kommt eine atmosphärisch dichte Musik, die immer wieder den Diskurs der Protagonisten zulässt, sei es zwischen Sänger (ein überzeugender, hoch emotionaler Charles MAXWELL) und Bratsche (Lila BROWN als ebenbürtige Gesprächspartnerin) oder den sich gegenüber stehenden Schlagzeugern Stefan BLUM und Adrian SCHMID. Der Komponist selbst dirigiert, spielt die Orgel und steht auf der Bühne, wenn Narziss zum ersten Mal sein Spiegelbild besingt zu den sphärischen Klängen von gestrichenen Wassergläsern, ein ebenso schlichtes wie offensichtliches Mittel. Schwartzs Liebe zur Renaissance-Musik wird im Gesang immer wieder deutlich, in den ruhigen klaren Linien voller Innigkeit, in lateinischer Sprache dargebracht.

Die Aufgabe der Regie wäre es nun, diese Vorgabe und den wunderbaren Raum der Allerheiligen Hofkirche, durch deren herrliches Rosettenfenster langsam die Nacht hereinbricht, zu einer Geschichte zu verbinden. Regisseurin Christiane POHLE entzieht sich dem allerdings weitgehend. Sie läßt den Protagonisten überwiegend ihre Ruhe, verschiebt sie nur ein wenig im Raum, und versucht derweil den Sprung des Mythos in die Gegenwart.

Schauspielerinnen treten auf, rezitieren Texte von Marguerite Duras und Simone de Beauvoir über vermähte, einsame Frauen, die Nymphen Echo der modernen Gesellschaft. Sie arbeiten dabei passend in einer Blumenfarm, steril in Gewächshäusern, hier rollende folienüberspannte Metalltürme (Ausstattung Raimund Orfeo VOIGT), in der Produktion von, ja, Narzissen. Am Ende sterben auch sie, wie Narziss.

Beide Komponenten der Aufführung durchweben sich zwar, stehen aber trotzdem merkwürdig nebeneinander, ohne eigentliche Berührung. So bleibt auch der letzte Eindruck des Abends zwiespältig, einerseits tief berührend andererseits etwas künstlich. KS