"ORPHEUS IN DER UNTERWELT" - 12. Februar 2010

Immer wieder überrascht das Staatstheater am Gärtnerplatz mit durchdachten Inszenierungen (für eine derselben, nämlich den "Tod in Venedig" erhielt es sogar den Stern des Jahres für die beste Opernproduktion). So erklangen diesmal Jacques Offenbachs zündende Melodien, die im Jahre 1858 durch den Deutschfranzosen komponiert, als Geburtsstunde der Operette gelten. Berthold Brechts Enkelin Johanna SCHALL inszenierte dieses Werk libretto-gerecht (Hector J.Crémieux - Gesangstexte von Ludovic Halévy).

Diese Geschichte der Antike, in welchem der Musiker Orpheus (hier mit Geige, glänzend gespielt von der Geigerin aus dem Orchesters Kumiko YAMAUCHI) durch den Tod seiner Ehefrau Eurydike, hervorgerufen durch deren Liaison mit dem Gott der Unterwelt Pluto durch einen Schlangenbiß endlich von seinem Ehejoch erlöst, aber durch die Öffentliche Meinung als Schützerin der Ehe veranlaßt wird, in die Unterwelt zu steigen, um seine Frau wieder auf die Erde zu holen, wurde durch ein geglücktes Bühnenbild von Horst VOGELSANG, der u.a. sogar eine Abbildung des Theatervorhangs des Staatstheaters am Gärtnerplatz dazu verwendete, dem Publikum anschaulich nahe gebracht. Der im Hintergrund auftauchende und das Programmheft sowie Plakate zierende Pavillon dürfte wohl den Pavillon des Wildparks aus Potsdam darstellen.

Die farbenfroh entworfenen Kostüme von Jenny SCHALL, Schwester der Regisseurin, passten sich der Inszenierung an. Die schon zu Beginn der Aufführung im Publikum weilenden Götter waren in angedeutete Rokoko-Kostüme gekleidet und ergänzten sich bestens mit den Kostümen der irdischen Figuren, die in die Jetztzeit verlegt waren.

Von der musikalischen Seite erklangen die einstmals und auch jetzt zündenden Offenbach-Melodien kompositionsgerecht durch das Dirigat von Andreas KOWALEWITZ, der sein ORCHESTER nach einer technischen schnell behobenen Lichtpanne vor dem 2. Akt bis zum Schluß steigern konnte, wo der allseits so sehnlich erwartete unsterbliche Can-Can erklang. Hier näherte man sich leider nicht den einstmals bei der damaligen Pariser Männerwelt so beliebten Grisetten an, sondern drückte durch die Choreografie von Romy HOCHBAUM das Höllenspektakel, anders, aber nicht ungeglückt aus.

Von der gesanglichen Seite besetzte man aus der Chorriege (sehr gute Choreinstudierung von Jörn Hinnerk ANDRESEN) einige Götterrollen, so Mars und Ceres mit Florian WOLF und Shirli POLENA sowie Faun, Apoll und Neptun (Ute WALTHER, Stefan THOMAS und Marcus WANDL), die ihre Sache sehr gut machten. Die Hauptprotagonisten kamen aus dem wie immer vorzüglich gewählten Ensemble des Staatstheaters am Gärtnerplatz. In der Reihenfolge des Programmheftes war Cornel FREY als Orpheus in sehr guter Abendform, Sybilla DUFFE in der Rolle der Eurydike war nach anfänglichen Einsingeschwierigkeiten eine sehr gute Wahl, stimmlich konnte sie sich bis zu ihrem Bacchantinnen-Auftritt, in dem sie einige Koloraturen zu bieten hatte, gut steigern.

Der potenzgewaltige Göttervater Jupiter, auch dementsprechend kostümiert, war bei Dirk LOHR in den besten Händen, ebenso der Gegenpol Pluto von Mario PODRECNIK, der sich darstellerisch sehr gut von dem liebestollen Hirten in den Höllengott Pluto verwandeln konnte. Eine Glanzleistung in der Gestaltung bot Marianne LARSEN als Öffentliche Meinung (sehr gut gestaltet ihr Kostüm mit Zeitungen behangen), begleitet von Andreas BRÄU und Peter HILLEBRAND. Götterehefrau Juno, stets betrogen, gestaltete Ann-Katrin NAIDU rollengerecht, während Katja STUBER in stimmlicher Bestform als jungfräuliche Jagdgöttin Diana aus ihrer Rolle eine geglückte Studie formte.

Der Cupido von Stefanie KUNSCHKE war gesanglich sehr gut besetzt, Venus (Frances LUCEY) und Merkur (Christoph KAYSER mit einer ebenso geglückten Studie) fügten sich rollengerecht ein, ebenso die Minerva von Márta KOSZTALÁNYI. Den Vogel des Abends schoß wieder einmal Gunter SONNESON als John Styx ab ("Als ich noch Prinz war von Arkadien"), der wiederum bewies, daß er zu einem unverzichtbaren Bestandteil des Staatstheaters am Gärtnerplatz gehört.

Eine Inszenierung, die hoffentlich ihr begeistertes Publikum in Folge finden wird. ISt