"BRUNDIBÁR" - 21. Februar 2010

Mit der Aufführung von Hans Krásas Brundibár konnte das Gärtnerplatztheater gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Zum einen konnte der KINDERCHOR des Theaters erstmals mit einer eigenen Produktion aufwarten, und zum zweiten bot sich für die jungen Darsteller, die Chance sich ein Stück Geschichte quasi hautnah zu erarbeiten.

Hans Krása schrieb seine Kinderoper 1938, die daraufhin heimlich im Waisenhaus in Prag uraufgeführt wurde. Nachdem Krása 1942 ins Konzentrationslager Theresienstadt eingewiesen wurde, schrieb er die Partitur aus dem Gedächtnis erneut nieder. Das Nazi-Regime erlaubte bis 1945 über fünfzig Aufführungen, bei denen die Darsteller ständig wechselten, da immer wieder Kinder nach Ausschwitz in die Gaskammern abtransportiert wurden. Auch Krása blieb dieses Schicksal nicht erspart, er wurde dort 1944 ermordet.

Das Gärtnerplatztheater ermöglichte den Kindern eine intensive Auseinandersetzung nicht nur mit dem Werk, sondern auch und gerade mit den historischen Zusammenhängen, bis hin zu Treffen mit Überlebenden. So war denn das Projekt auch eher klein geplant als Werkbericht auf der Probebühne. Womit das Theater nicht gerechnet hatte, war das überwältigende Interesse der Öffentlichkeit an dieser Arbeit. Schnell mußte man von der Probebühne zur Vorderbühne des großen Hauses wechseln, und beide Aufführungen waren in Windeseile ausverkauft.

Der ursprüngliche Umfang des Unternehmens war denn auch der Grund dafür, sich für die kleine musikalische Variante zu entscheiden, nur mit Klavier und nicht mit Orchester. Dies tat der Qualität aber keinerlei Abbruch. Im Gegenteil, die Kinder konnten sich voll entfalten, und Benjamin REINERS am Flügel schaffte eine Atmosphäre, die das Orchester nicht vermissen ließ.

Die Geschichte von Brundibár ist schnell erzählt. Die Mutter von Aninka und Pepicek ist krank, und der Arzt verschreibt neben Schlaf und Ruhe gute Milch. Auf dem Markt ist Milch aber nur gegen Geld zu bekommen, das die beiden nicht haben. Zu verkaufen haben sie nichts, aber der Leierkastenmann Brundibár kann ja auch nur mit seiner Musik Geld verdienen. So beginnen die beiden Kinder zu singen, aber niemand hört den beiden Stimmchen zu, Brundibár verscheucht die Konkurrenz sogar. In der Nacht kommen Spatz, Katze und Hund Azor zu den Kindern, um zu helfen. Denn wenn viele Kinder singen, wird man ihnen schon zuhören. Die Tiere bitten viele weitere Kinder um Hilfe und jagen Brundibár mit Piepsen, Kratzen und Beißen in die Flucht. Nun finden die Kinder Gehör und verdienen genug Geld, um Milch für die Mutter zu kaufen.

Zusammenhalten war Krásas Boschaft an die Kinder in Theresienstadt, eine Botschaft, die wohl immer und überall gilt. Die Begeisterung ist den Chorkindern anzusehen, besonders denen, die eine der Hauptrollen ergattert haben, wie Johanna KRUSCHE als Aninka, Domink NOVAK als Pepicek, Arabella WÄSCHER als Spatz, Alicia GRÜNWALD als Katz und Lucia BOISSERÉE als Hund. Gregor DALAL in der Titelrolle fällt es sichtlich schwer, angesichts dieser tollen Truppe den Bösen zu geben, aber er ist Profi.

Verena SARRÉ leitet "ihren" Chor und gibt die nötige Sicherheit für einen so großen Aufftritt. Holger SEITZ zeichnet für die Regie verantwortlich und die Kostüme, die die Zeit der 1940er Jahre wiederspiegeln sind von Stefan SCHWAMBORN.

Bevor die Oper beginnt tragen Mitglieder des JUNGEN THEATERS AM GÄRTNERPLATZ Texte von Kindern aus Theresienstadt vor, unterbrochen von Liedern von Ilse Weber, die ebenfalls 1944 in Ausschwitz ermordet wurde.

Schade, daß nur zwei Aufführungen geplant sind, denn nicht nur für die mitwirkenden Kinder war diese Aufführung etwas ganz besonderes. KS