"CARMEN" - 3. April 2010

Georges Bizets wohl berühmteste und volkstümlichste Oper mit dem Libretto von Henri Meilhac und Ludovic Halévy nach einer Novelle von Prosper Mérimée, eine wahre Begebenheit beinhaltend, deutsche Fassung von Walter Felsenstein, findet im Staatstheater am Gärtnerplatz ihren festen Bestandteil im Repertoire, zumal gerade an diesem Abend diesem Werk eine hohe Musikalität dargebracht wurde. Hervorgerufen wurde dies durch das einfühlsame und doch temperamentvolle Dirigat von Henrik NÁNÁSI sowie durch die Besetzung der Titelrolle durch Rita KAPFHAMMER.

Henrik Nánási erzeugte durch seine Stabführung schon allein bei den jeweiligen Orchesterstücken eine ungeheure Spannung und vermochte die Todesahnung der Carmen, die in der Komposition immer wieder anklingt, hervorragend herauszuarbeiten, dazu zeigte er eine sehr gute Sängerbegleitung.

Rita Kapfhammer in der Titelpartie, deren Rolleninterpretation nicht nur stimmlich derzeit am Staatstheater am Gärtnerplatz unübertrefflich ist, hat einen lupenreinen Mezzo mit dramatischen Zügen und kann im Vortrag färben und daher alle Höhen und Tiefen einer Carmen-Interpretin ausloten, gerade in den wichtigsten musikalischen Teilen wie der "Habanera" und in der "Seguidilla", die sie in französischer Sprache sang. Daneben entsprach sie in der Rollengestaltung ganz den Vorstellungen einer spanischen Zigeunerin, Lebensgier gepaart mit demütiger und doch mutvoller Einstellung zum Tod (besonders geglückt die Todesweissagung), beides konnte sie am Schluß der Oper besonders gut herausarbeiten.

Ihr zur Seite Adrian XHEMA als Don José, dessen italienisch gefärbter Tenor leider immer wieder zum Forcieren neigte, gerade in der "Blumenanrie" erkennbar, der sich aber zum Schluß, hervorgerufen wohl durch die Gestaltungsfähigkeit seiner Partnerin enorm steigern konnte. Gregor DALAL erwies sich in der von vielen Baßbaritonen erprobten und nicht immer geglückten Rolle des Escamillo als Fehlbesetzung, auch in der Gestaltung dieses von allen spanischen Frauen begehrten Stierkämpfers fehlte es ihm an Ausstrahlung.

Alle übrigen Rollen waren ausreichend besetzt. Aus dem Ensemble des Staatstheaters stachen hervor bei den Herren Dirk LOHR als Schmuggler Dancairo, Holger OHLMANN als Zuniga und Daniel FIOLKA als Moralès. Der Schmuggler Remendado wurde mit Hans KITTELMANN als Gast besetzt, der sich in die Herrenriege ausreichend einfügte. Frasquita (Frances LUCEY) und Mercédès (Sonja LEUTWYLER) fanden beim Publikum eine gute Aufnahme, allerdings kam das Schmugglerquartett bei Lillas Pastia etwas ungeprobt herüber, wohl aus dem Grund, daß man in deutscher Sprache sang. Micaela war wieder einmal Elaine ORTIZ ARANDES, deren sonst lupenreiner Sopran an diesem Abend nicht alle Facetten ihres großen Könnens zeigen konnte. Kündigte sich hier eine Erkältung an?

Der Lillas Pastia war mit Oliver BODE rollengerecht besetzt, auch traten drei gute Tänzerinnen (Bettina FRITSCHE, Elodie LAVOIGNAT und Franziska ANGERER auf, und man spielte und sang in zeitlosen Kostümen der fünfziger Jahre (Andrea FISSER) in einer gut sehbaren Inszenierung nach Jochen SCHÖLCH, in der wieder einmal Leintücher eine gute Verwendung finden, um menschliche Beziehungen auszudrücken. Merkwürdig erscheint nur, daß das Duett Micaela/Don José im 1. Akt am Strand der Costa Dorada stattfand. Sevilla liegt geographisch in Andalusien, nicht aber in Meeresnähe.. Zu erwähnen sei noch die sehr gute Choreinstudierung wieder einmal von Hans-Joachim WILLRICH. Der Abend gehörte Rita Kapfhammer. ISt