"L'ELISIR D'AMORE" - 30. Dezember 2010

Man blickt in eine Öde, die die Weiten der amerikanischen Prärie erinnern machen. In der Bühne von Patrick BANNWART findet sich nichts außer einem einsamen Laternenmast und viel Staub. Die Gegend ist so abgeschieden, daß selbst das Militär dorthin nur mit Fallschrimjägern kommt. Aber Menschen sind da, und bieten ein perfektes Betätigungsfeld für einen Verführer wie Dulcamara mit seinen Elixieren.

Zumal er mit einem Gefährt auftaucht, das selbst uns Technikverwöhnte beeindruckt. Eine golden leuchtende riesige Kugel, mit Löchern wie Augen eines Alien, dreht sich auf einem Gestell für das mehrere Mähdrescher ihr Leben lassen mußten. Und mittendrin Dulcamara. Bei Alessandro CORBELLI ist er ein kleines Männchen, bei dem einen zunächst wundert, womit er außer seiner Maschine noch verführen will. Zu hölzern sind seine Gesten, zu steif sein Spiel. Er braucht wohl den richtigen Gegenspieler, denn im zweiten Akt, als er vergeblich versucht auch Adina sein Gebräu anzudrehen, bestechen er und Nino MACHAIDZE durch perfekt aufeinander abgestimmtes Spiel. Machaidze betont das Mädchenhafte, eine junge Frau zwischen Büchern und Flirts, die erst langsam erwachsen wird, als ihr langzeitschmachtender Nemorino plötzlich andere Interessen zeigt. Ihr Sopran hat dabei wenig mädchenhaftes, sondern besticht durch Durchsetzungskraft.

Und eben jener Nemorino, der vergeblich Liebende, ist bei Joseph CALLEJA in besten Händen. Ein tapsiger Bär mit treuem Blick, der durchaus aufblüht und sein Oberwasser genießt, als alle Frauen hinter ihm her sind, und Adina nur daneben steht. Er mag zwar an eines Liebestrankes bedürfen, um sein Selbstbewusstsein anzukurbeln, aber immerhin er hat welches. Sein weicher Tenor paßt hier gut, und sein Gassenhauer "Una furtiva lagrima", sorgt, wie er soll, für großen Jubel.

Daneben fällt der Belcore des Nikolay BORCHEV ab, wobei man bei dieser Partie nie genau weiß, was überhaupt aus ihr rauzuholen ist. Ein echter Konkurrent zu Nemorino ist dieser Belcore jedenfalls nicht. Ein echtes Highlight dagegen ist die Gianetta von Tara ERRAUGHT. In schmutzigem Tüllrock und T-Shirt, mit pinkem Rucksack und starken Brillengläsern (Kostüme Falko HEROLD) stapft sie wie ein kleiner Putto durch die Szene, verliebt in Nemorino, ungelenk, aber nie lächerlich. Da wird aus dieser kleinen Partie ein echter Hingucker, und schließlich ist ja sie es, die Nemorinos vermeindlichen Reichtum verkündet und dabei letzlich für das Happy End sorgt. Nur eines der liebevollen Details in dieser stimmigen Inszenierung von David BÖSCH.

Am Ende leuchtet die Wüstenei in einem Feuerwerk, das beinahe die Stromversorgung des Ortes lahmlegt, ein echtes Fest, das von Justin BROWN im Graben manchmal zu kräftig begleitet wird. Kitsch kann man dieser Deutung nicht vorwerfen. Egal, bei einem so vergnüglichen Abend. KS