"LES CONTES D'HOFFMANN" - 9. November 2011

Diese Opéra fantastique in fünf Akten des Deutschfranzosen Jacques Offenbach mit dem Libretto von Jules Barbier auf die Bühne zu bringen, ist gar nicht so einfach, hat sie doch verschiedene Handlungsorte. Hoffmanns phantastische Erzählungen aber in der Gesamtheit in eine Art verwandelbare Faustische Studierstube zu verlegen, war bis auf den vom Publikum erwarteten Venedig-Akt mit dem Ohrenwurm der Baccarole keine so schlechte Idee. Auf die Baccarole wartet das Publikum, sie schafft die Romantik eines nächtlichen gondelreichen Venedig, hier fand sie aber im geschlossenen Raum statt und wirkte dadurch eintönig, zumal die beiden Stimmen der Muse und Giulietta nicht ganz harmonieren konnten.

Die Inszenierung dieses Stücks übernahm Richard JONES, der der Bayerischen Staatsoper im letzten Jahr eine etwas merkwürdige und gewöhnungsbedürftige Inszenierung des "Lohengrin" bescherte. Trotzdem tauchten aber hier so manche gute Regiegedanken auf, wie z. B. für den jeweiligen Szenenwechsel eine rauchende Pfeife zu verwenden, die am Schluß der Oper die Erzählungen des Hoffmann durch auflösenden Pfeifenrauch Schall und Rauch werden ließen. Sehr geglückt ist auch der Olympia-Akt (Puppenspieler der Olympia: Robert REBELE), nämlich Olympia halb Mensch, halb Puppe auf einem Tisch zu plazieren. Ebenso kann die Spiegelszene am Schluß nicht besser gelöst werden.

Der Antonia Akt gelang ebenso ausreichend. Bei den beiden Stella-Akten war nur der Beginn verständlich, der Schluß der Oper bedarf hier noch einiger Überarbeitung, der Verzicht des Hoffmann und das Hinwenden zur Muse kam nicht klar und deutlich herüber.

Zum Gelingen trugen erheblich auch die teilweise libretto-zeitgerechten Kostüme von Buki SHIFF bei, vor allen Dingen war beeindruckend, daß Hoffmann mit seiner Muse Nicklausse das gleiche Kostüm und Frisur trugen und dadurch in eine Einheit verschmolzen, wie es das Libretto wollte.

Die musikalische Leitung des Abends lag in den Händen von Constantinos CARYDIS, der das BAYERISCHE STAATSORCHESTER zu einer hervorragenden Abendform brachte, zumal sich auch der CHOR unter der Einstudierung von Sören ECKHOFF wie immer bewährt und gut einstudiert präsentieren konnte.

Die Frauenrollen der Olympia, Giulietta, Antonia und Stella sowie einige Männerrollen mit ein und derselben Sängerperson zu besetzen, ist vielen "Hoffmann"-Kennern nicht fremd, es fordert manche Sänger geradezu heraus, diese Rollen allesamt an einem Abend zu gestalten. Hier war es Diana DAMRAU, die alle Frauenrollen mit ihrem bestgeschulten, jetzt mehr im lyrischen Sopranfach angesiedelten Sopran in einer unglaublichen abendlichen Bestform gestaltete, obwohl sie als Olympia immer noch glänzende und flexible Koloraturen zeigte, gepaart mit einer ihr eigenen Rollengestaltungsfähigkeit.

John RELYEA in den vier Bösewichter-Partien konnte leider nicht überzeugen, seine Stimme kann das hintergründige intrigante Böse zu wenig färben. Gerade in der jetzigen Bezeichnung der Spiegelarie, der Diamantenarie, zeigte sich wenig Gestaltungsfähigkeit. In den weiteren Tenorpartien des Cochenille, Pitichinaccio und Frantz konnte sich Kevin CONNERS bestens disponiert zeigen, besonders auffällig war sein stimmliches Können in der Arie des Frantz im Antonia-Akt, zudem er auch noch ein schauspielerisches Talent hat, immer wieder aus einer Bühnenfigur das Librettogewollte herauszuholen.

Eine Entdeckung des Abends ist Angela BROWER aus dem Ensemble der Bayerischen Staatsoper als Nicklausse nebst Muse. Mit einem kräftigen Mezzo zeigte sie Ausdrucksstärke und enorme Bühnenpräsenz. In den weiteren Rollen wie Stimme aus dem Grab, Spalanzani, Nathanael, Hermann, Schlémil, Wilhelm und Crespel/Luther traten Okka von der DAMERAU, Ulrich REß, Dean POWER, Tim KUYPERS, Christian RIEGER, Andrew OWENS und Kristian PAUL stimmlich gut besetzt, auf, letzterer zeigte gerade als Crespel einen gut geschulten Baß, man würde ihn gerne in weiteren größeren Partien hören.

Der Titelpartie wurde dem an der Bayerischen Staatsoper lang vermißten Rolando VILLAZÓN anvertraut, der an diesem Abend absolut seinem Ruf als zu den derzeit weltbesten Tenören gehörend gerecht wurde. Die Ballade des Klein-Zack klang noch etwas verhalten, aber in Folge zeigte Herr Villazón bis zum Schluß eine enorme Stimmsteigerung. Bestens disponiert und fein differenziert kamen die tenoralen Töne, die Höhe glänzte wie in alten Zeiten. Herr Villazón verfügt zudem auch noch über ein enormes schauspielerisches Können, das er in dieser Rolle voll ausleben durfte und konnte.

Trotz einiger erwähnten Kleinigkeiten kann man hier von einer gelungenen Inszenierung an der Bayerischen Staatsoper sprechen, auf die Träumereien des Titelhelden abgestimmt. ISt