"DER MIKADO ODER DIE STADT TITIPU" - 21. November 2011

Das bizarre Handlungsgeschehen von einem blutrünstigen Mikado im alten Japan, der sich durch das Köpferollen verliebter Leute Ansehen und Macht verschaffen wollte, zu dem er natürlich einen selbst der Liebe unterworfenen Henker brauchte, brachte das Staatstheater am Gärtnerplatz mit der Musik von Arthur Sullivan und dem Libretto von William Schwenck Gilbert auf die Bühne. Durch ein von der Wand gefallenes Samurai-Schwert im Wohnzimmer des Librettisten nahm die Idee zum Mikado Gestalt an.

Die dazu komponierte Musik von Arthur Sullivan erst aber macht es wirklich aufführbar, es enthält sehr gute Couplets und kleine Arietten nebst in die Ohren gehende, an Fernost anklingende Melodien, die eine Operette braucht. Ob ihr allerdings mit dem "Mikado" wieder mehr Leben eingehaucht werden kann, ist zweifelhaft, denn dieser "Mikado" schlummert vermutlich gerade wegen der Sinnlosigkeit der Handlung nicht zu Unrecht in den Musikarchiven.

Die Inszenierung von Holger SEITZ bemühte sich redlich, ein japanisches Ambiente zu schaffen, dazu trugen nicht unwesentlich die gelungenen Kostüme von Sandra MÜNCHOW bei. Ebenso war die Choreographie bei den einzelnen Bühnennummern ausreichend, um so Gesten und Ausdrucksform der Japaner darzustellen. Auch das Bühnenbild von Peter ENGEL konnte ein japanisches Titipu erzeugen.

Unter der Stabführung von Benjamin REINERS, der das ORCHESTER DES STAATSTHEATERS AM GÄRTNERPLATZ dirigierte, kam die Qualität der Komposition von Sullivan sehr gut zum Ausdruck.

In der Titelrolle des Mikado erlebte man wieder einmal einen glänzend disponierten und tanzwütigen Stefan SEVENICH, der für diese Rollenzeichnungen wie geschaffen scheint. Da er ziemlich zum Schluß auf der Bühne erscheint, wartet man gerade auf diesen Auftritt, den Stefan Sevenich zu dem seinen machte. Den Erzähler (Thomas PETERS) als Bauchredner zu präsentieren, war ein guter Regieeinfall. Mario PODRECNIK, von dessen angesagter erkältungsbedingter Indisposition nichts zu merken war, gestaltete seine Rolle als Sohn des Mikado Nanki-Poo ausreichend und in guter Stimmverfassung.

Den Vogel allerdings schossen Snejinka AVRAMOVA als ältliche Hofdame Katisha und Hardy RUDOLZ als Co-Co, dem Scharfrichter von Titipu, ab. Beide sind Vollblutschauspieler und brachten viel Stimmung zum Publikum, zumal Frau Avramova an diesem Abend zudem in bester Stimmposition war und ihre Rolle mit einer Parodie auf eine Domina ausstattete.

Als Yam-Yam, die Verlobte von Nanki-Poo, glänzte Thérèse WINCENT mit ihrem hellen Sopran, ihr zu Seite Co-Cos Mündel Carolin NEUKAMM und Ulrike DOSTAL mit ausreichenden rollengerechten Stimmen. Den "Allerweltsbeamten" Pooh-Bah gestaltete Sebastian CAMPIONE und bildete zusammen mit Gregor DALAL als Pish-Tush ein buffo-gerechtes Team.

Der CHOR DES STAATSTHEATERS AM GÄRTNERPLATZ in der Einstudierung von Inna BATYUK und die STATISTERIE fügten sich gut in das Bühnengeschehen ein.

Es war ein unterhaltsamer Abend im Gärtnertheater, wie es die Münchner Theaterbesucher bezeichnen. Das Bauchgefühl bleibt - es herrscht durch ein halbverkauftes Haus eine Art Aufbruchstimmung. Schade. ISt