"IM WEISSEN RÖSSL" - 11. Oktober 2012

"...am Wolfgangsee, da steht das Glück vor der Tür, tritt ein und vergiß Deine Sorgen."

Und die vergißt man total, wenn man dieses werksgerecht mit unglaublich sinnigen und humorvollen Regie-Ideen ausgestattete Singspiel in drei Akten von Ralph Benatzky im ausgelagerten Staatstheater am Gärtnerplatz im Deutschen Theater in Fröttmaning besucht. Der neue Staatsintendant Josef E. KÖPPLINGER drückte mit dieser Inszenierung seinen Qualitätsstempel auf, man darf auf Neues, auch Ernsteres in durchdachter Weise hoffen.

Da dieses Singspiel ohnehin durch den Librettisten Erik Charell 1930 im Berliner Großen Schauspielhaus, einem Zirkustheater, uraufgeführt wurde, war wohl das Münchener Deutsche Theater-Zelt ohnehin der geeignete Ort dafür, dieses in München lange nicht aufgeführte Stück wieder unters Volk zu bringen. Und wie gut gelang es. Schon zu Anfang führte eine schrullige Reiseleiterin (in einer herrlichen Studie Susanne HEYNG) das Publikum als Reisende ins Salzkammergut ins Geschehen ein, wie in der Uraufführung mit Folkloremusik und -tänzen und Volksgesängen. So kam schon einmal die Stimmung auf, die der Regisseur wollte. Bühne und Kostüme (Rainer SINELL) entführten das Publikum vollends in die ländliche Idylle des Salzkammerguts, man sah Möchtegern-Bergsteiger mit Sportlern gekleidet nach Turnvater Jahn der dreißiger Jahre genauso wie den Wolfgangsee aus Pappe mit Schiffen, einen halbblinden Förster (Florian WOLF) mit einem Spielzeugdackel aus Holz, der aus Versehen die Jodlerin erschoß und, und, und...

Und drum herum die köstliche Handlung als voller Bühnenspaß mit großem Tempo mit drei am Ende zusammenfindenden Paaren und dazu die herrliche Studie des Kaiser Franz Joseph (längst im Grabe) interpretiert mit Ruhe und Würde von keinem Geringeren als Maximilian SCHELL. Auch CHOR, KINDERCHOR (Einstudierung Jörn Hinnerk ANDRESEN), BALLETT und STATISTERIE DES STAATSTHEATERS AM GÄRTNERPLATZ trugen zu diesem gelungenen Abend bei, das ORCHESTER DES STAATSTHEATERs unter der musikalischen schwungvollen Leitung von Michael BRANDSTÄTTER zeigte bestes musikalisches Einfühlungsvermögen für die zündenden Renner von Ralph Benatzky und vier musikalischen Einlagen dreier großer Singspielkomponisten Robert Stolz, Bruno Granichstaedten und Robert Gilbert.

In der Reihenfolge des Programmhefts war Sigrid HAUSER als alternde Rößl-Wirtin-Witwe Josefa Vogelhuber, an die der ebenfalls nicht mehr ganz taufrische Zahlkellner Leopold (eine sehr gute darstellerische und sängerische Leistung von Daniel PROHASKA) sein Herz verlor, eine sehr gute Besetzungswahl. Hans TEUSCHNER war für seine Rolle als Trikotagenfabrikant Wilhelm Gisecke eine Idealbesetzung. Als seine Tochter Ottilie lernte man Iva MIHANOVIC kennen, die sich sehr gut zu ihrem Dr. Siedler gesellte, den Tilmann UNGER nicht nur mit einer fülligen Tenorstimme ausstattete, sondern obendrein noch gut aussah.

Den schrulligen Professor Hinzelmann mit lispelnder Tochter Klärchen stellten Wolfgang KRAßNITZER und Bettina MÖNCH ausreichend dar. Der "schöne Siegismund" von Michael von AU fügte sich gut in diese Darsteller-Riege ein, obwohl man ihn lieber in einer großen klassischen Bühnenrolle erleben würde. Die anderen kleineren Rollen wie der Piccolo (Jan Nikolaus GERHA), die Briefträgerin Kathi (Sophie AUJESKY) und viele andere waren gut besetzt. "Die ganze Welt ist himmelblau"( Liebesduett Dr. Siedler/Ottilie). Nach einem Besuch dieser Aufführung wird sich mit Sicherheit bei jedem Besucher "die ganze Welt in himmelblauer Farbe" zeigen. Gratulation der neuen Intendanz. ISt