"DER BETTELSTUDENT" - 12. Mai 2013

Diese so selten auf Spielplänen der einschlägigen Bühnen stehende Operette, die mit höhenreichen Tenorarien und sinnigen Couplets vom Komponisten Carl Millöcker ausgestattet wurde, die sich im Laufe der Jahre zu im Gedächtnis haftenden Ohrenwürmern entwickeln konnten ("Ich hab' kein Geld, bin vogelfrei" etc.) brachte das Staatstheater am Gärtnerplatz mit einer durchdachten nostalgischen Inszenierung (Emmy WERNER) dem Publikum wieder zur Ansicht.

Die Handlung des Stücks verlegte man in die Zeit der Entstehung der Operette in 1862, obwohl von der historischen Seite das Stück eigentlich samt Kostümen (Rainer SINELL) ein Jahrhundert früher anzusiedeln ist. Aber arme Studenten hat es immer gegeben und gibt es heute auch noch trotz Bafög und anderer staatlicher Unterstützungen. Auch quartierten sich verarmte Adelige meist in Hotels ein (die Handlung spielt in einem polnischen Hotel "Polonia", das zugleich auch Staatsgefängnis ist), wenn sie Haus und Hof verloren haben. Wiederzufinden ca. 50 Jahre später in der Oper "Arabella". Deshalb wußten die Hauptprotagonistinnen Laura (eine sehr gute stimmliche Leistung von Elvira HASANAGIC) und Bronislawa (eine gut geführte Sopranstimme von Simona EISINGER) sofort, daß Symon und Jan Janicki, in eben diesem Hotel eingekerkert, keine Adeligen sind (wie sich später herausstellt, letzterer schon), und trotzdem siegte die Liebe.

Hiermit ging der Plan des Oberst Ollendorf (eine herrlich und stimmlich perfekt gezeichnete Figur von Hans GRÖNING, sein Auftrittslied "Ach ich hab' sie ja nur auf die Schulter geküßt" und das Couplet "Schwamm drüber" machten ihn sofort zum Publikumsliebling) seine Gegenspielerin Gräfin Palmatica Nowalska mit eben diesen Töchtern für einen Schulterkuß zu strafen, am Ende nicht auf. Als Gräfin Palmatica Nowalska glänzte zum letzten Mal Susanne HEYNG, die an diesem Abend ihren offiziellen Abschied von der Bühne nahm und am Ende vom Publikum und den Kollegen sehr herzlich verabschiedet wurde. In unzähligen Rollen erlebte man die Künstlerin auf der Bühne des Staatstheaters am Gärtnerplatz, und sie war auch in dieser Rolle wieder einmal unvergeßlich.

Für die Titelrolle des Symon ist Daniel PROHASKA mit seinem höhensicheren schönen und wohlklingenden Tenor geradezu prädestiniert, zumal der Komponist Carl Millöcker gerade dieser Partie die schwersten und höhenreichsten Tenorarien verpaßt hat, welche Daniel Prohaska mühelos bewältigte. Ihm zur Seite eine weitere Tenorstimme von Erwin BELAKOWITSCH als Jan Janicki, der diese Partie als Einspringer sehr gut bewältigte.

Der "Offizierstroß" um den Oberst Ollendorf war mit den Herren Holger OHLMANN, Till KLEINE-MÖLLER, Victor PETERSEN sowie Dustin SMAILES sehr gut besetzt, Martin HAUSBERG und Frances LUCEY in den Verwandtenrollen der Gräfin Palmatica lieferten sehr gute Studien, während eine ebenso sehr gut gezeichnete Figur des Dieners Onuphrie Franz WYZNER lieferte. Als Enterich erlebte man Torsten FRISCH, der leider etwas textunverständlich seine Figur zeichnete. Die kleinen Partien des Schließers, des Wirts und des Jongleurs wurden von Stefan THOMAS, Florian WOLF und Piko LEINS ausreichend dargestellt.

Sehr gut einstudiert wie stets war der CHOR DES STAATSTHEATERs von Jörn Hinnerk ANDRESSEN. Operettenspezialist Andreas KOWALEWITZ führte das ORCHESTER DES STAATSTHEATERS AM GÄRTNERPLATZ wie immer bestens durch diesen melodienreichen Abend. Man wünscht sich eine Wiederaufnahme des Stücks in der nächsten Spielzeit. ISt