"SEMELE" - 24. Oktober 2013

Auch so kann man eine Barockoper inszenieren, spannend, spritzig und durchdacht bis zum Ende, mit Ausnahme einiger seltsamer Regie-Ideen von Karoline GRUBER (die Münchener Frauentürme wurden als Bar umfunktioniert, und was sollten Heißluftballone um die Jahrhundertwende mit dementsprechend gekleideten Insassen in dieser Oper? - Kostüme Margali GERBERON). Frau Gruber ließ die Saga aus der Antike in der Jetztzeit spielen, mit Hilfe der Kostüme von Margali Gerberon konnte so ohne Weiteres die eingangs erwähnte Spannung erzeugt werden.

Das Stück, ein von dem großen Deutsch-Engländer Georg Friedrich Händel komponierte Werk mit Oratorien-Klang, enthält große Arien mit Koloraturen für Spezialisten des Barock-Gesangs, die an diesem Abend nicht besser ausgewählt werden konnten. Man sang in englischer Sprache mit deutschen Übertiteln.

Für die ehrgeizige Semele, die durch ihre Liebe zum Gott aller Götter Jupiter (man hatte die Geschichte in die römische Mythologie verlegt) Unsterblichkeit erlangen wollte, indem sie ihn zwang, sich in seiner menschlichen Gestalt zu zeigen, und er sie deshalb am Ende in Asche verglühen lassen mußte, aus der beider gemeinsamer Sohn Bacchus hervorgegangen ist, war Jennifer O'LOUGHLIN die Idealbesetzung. Sie kann ihre Stimme mit den dafür notwendigen Koloraturen ausstatten, sie nach den jeweiligen Ausdruckserfordernissen färben und dadurch Rollen perfekt darstellen.

Jupiter mit Ferdinand von BOTHMER zu besetzen, erwies sich als Glücksfall, er vermochte nicht nur äußerlich, sondern auch mit bester tenoraler Disposition seine Rolle zu gestalten. (Übrigens ein geglückter Regie-Einfall, Jupiter als Schmetterling über die Bühne über alles wachen zu lassen, wie es die Kenntnis der antiken Göttersaga ausweist - für seine jeweiligen Liebschaften außerhalb des Olymps erschien Jupiter in verschiedenen Tiergestalten).

Eine Counter-Tenor-Entdeckung für München in der Rolle des Athanas dürfte Franco FAGIOLI sein, leider hat ihm der Komponist nur eine einzige Arie am Beginn der Oper zugeteilt, die er in ausgzeichnet geschulter Technik vortragen konnte. Als in ihn verliebte Schwester der Semele Ino war diese Rolle mit Ann-Kathrin NAIDU hervorragend besetzt. Als Göttergattin Juno zeigte Adrineh SIMONIAN nicht nur eine sehr gute Stimmdisposition, sondern dazu konnte sie auch noch ihre Rachegefühle ihrem Gatten und Semele gegenüber voll ausleben und gestalten.

Als Götterbotin Iris war Elaine ORTIZ ARANDES ausersehen, die ihre Partie gut durch den Abend brachte. Cadmus und Somus waren mit Holger OHLMANN und István KOVÁCS mit sehr guten bekannten Stimmen des Staatstheaters am Gärtnerplatz besetzt. Am Ende der Oper lernte man noch die Stimme von Juan Carlos FALCÓN - als Apollo ganz in Gold gekleidet - kennen, eine Stimme, die man gerne in größeren Rollen auf der Bühne sehen möchte.

Dazu gesellten sich CHOR (bestbewährte Einstudierung Jörn Hinnerk ANDRESEN) und STATISTERIE des Staatstheaters am Gärtnerplatz in bester Personenführung, die gerade bei der Massenhochzeit an Anfang und Ende (eine Regie-Idee wohl angelehnt an die Massenhochzeit Alexander des Großen in Susa) gut zum Tragen kam.

Soweit Tanzszenen zu choreographieren waren, waren diese in die bewährten Hände von Beate VOLLACK gelegt.

Und last not least das ORCHESTER DES STAATSTHEATERS AM GÄRTNERPLATZ, dem unter seinem Chefdirigenten Marco COMIN eine beste abendliche Barockorchesterleistung gelang. Der junge Chefdirigent des Staatstheaters am Gärtnerplatz Marco Comin versteht sein Handwerk, Barockopern zu dirigieren, und mag sich zu den großen Barockoperdirigenten in diesem Jahrhundert zählen, zumal er das Orchester nur mit beiden Händen ohne Taktstock zu dieser Höchstleistung führte.

Georg Friedrich Händels Meisterwerk mit Oratorienklang braucht den Rahmen eines Barocktheaters wie hier das Cuvilliés-Theater München, um Künstler wie Publikum zu beflügeln und zu begeistern. ISt